04.02.2016

Intelligente Rotorblätter

Smart Blades passen sich an die Windbedingungen an und produzieren so effizienter Strom.

Wie können Rotorblätter von Windenergie-Anlagen Strom noch effizienter produzieren – sowohl in den windstarken Offshore-Gebieten als auch in windschwächeren Regionen im Binnenland? Im Projekt Smart Blades ent­wickelten und prüften die Forscher des Forschungsverbunds Windenergie neue Ideen für intelligente Rotorblätter, die sich dem Wind anpassen können. Zum Abschluss des Projekts Smart Blades haben die Forscher ihre Er­geb­nisse jetzt bei einer Konferenz in Stade vorgestellt. Smart Blades war ein vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie mit rund zwölf Millionen Euro gefördertes dreijähriges Forschungsprojekt.

Abb.: Smart Blades – Rotorblätter sollen sich künftig an die Windbedingungen anpassen und so effizienter Energie produzieren. (Bild: DLR)

Rotorblätter von Windenergie-Anlagen sind inzwischen bis zu 85 Meter lang, die Anlagen reichen in Höhen von über 200 Metern. Das bedeutet, dass Rotorblätter aufgrund der ungleichmäßigen Windverteilung in Bodennähe und im oberen Teil der Anlage einer stark schwankenden Windlast ausgesetzt sind. Die Folge: hohe Belastungen für das Material des Rotorblattes und eine große Herausforderung bei der Regelung der Anlage. Vor allem bei stark böigem Wind kann die Windlast so groß sein, dass die Betreiber ihre Anlagen sogar abschalten müssen, um Schäden zu vermeiden. Wirtschaftlich ist das schlecht, denn starker Wind sorgt für gute Stromerträge. Ideal wären Rotor­blätter, die ihre Geometrie an die lokalen Windeinwirkungen anpassen können. Möglich wird dies durch aktive und passive Technologien, mit denen sich die einzelnen Rotorblätter auf die lokalen Windgegebenheiten einstellen können.

Verdreht sich ein Rotorblatt bei starkem Wind, so biete es dem Wind weniger Angriffsfläche bietet. Da diese Biege-Torsions-Kopplung allein durch die Kräfte des Windes hervorgerufen wird, handelt es sich um passive Mecha­nismen. Die Forscher haben zwei verschiedene Ansätze verfolgt, um diesen Effekt bewirken. Zum einen wurde eine sichelförmige Geometrie untersucht, zum anderen eine besondere Struktur der materiellen Bauweise des Rotor­blattes. Beim strukturellen Ansatz werden die Glasfasern, aus denen das Rotorblatt aufgebaut ist, so gelegt, dass es sich bei unter­schied­lichen Wind­geschwindigkeiten verdreht und den Anstellwinkel somit lokal anpasst. Die Vorteile der Mechanismen sind, dass die Blätter weniger massiv und damit leichter gebaut werden können. Beide Verfahren haben das Potenzial die Stromausbeute von Windenergieanlagen zu verbessern. In einem zukünftigen Projekt wollen die Forscher die in der Simulation getesteten Mechanismen an bereits entworfenen Demonstrations-Rotorblättern testen.

Ein anderer Ansatz, den die Wissenschaftler verfolgt haben, sind aktive Mechanismen, die die Hinterkanten eines Rotorblattes verändern, womit Anlagenbetreiber die aerodynamischen Belastungen an einem Rotorblatt steuern können. Untersucht haben die Wissenschaftler dabei in sich beweg­liche Hinter­kanten und starre Hinterkanten-Klappen. Das Konzept kommt aus der Luftfahrt und lässt sich mit den Klappen an Tragflächen von Flugzeugen vergleichen. Die Untersuchungen ergaben, dass beide Verfahren die Last am Rotorblatt effektiv vermindern. Der Wartungsaufwand bei starren Hinterkanten-Klappen ist jedoch durch die auftretende Verschmutzung der beweglichen Teile so erheblich, dass die Vorteile von beweg­lichen Hinter­kanten klar über­wiegen. Perspektivisch ist auch für diesen Ansatz der Bau von Demon­stra­tions­blättern geplant.

Die Wissenschaftler untersuchten auch, ob ein beweglicher Vorflügel an einem Rotorblatt die Effizienz von Windenergie-Anlagen unter stark schwan­kenden turbulenten Windbedingungen verbessern kann. Dieser Mecha­nis­mus erlaubt es, ein Rotorblatt in einem großen Bereich der Wind­ge­schwin­dig­keit optimal zu nutzen. Der Vorteil liegt hierbei in der Reak­tions­ge­schwin­dig­keit der Bewegung des Vorflügels, die eine schnelle Beeinflussung der wirkenden aerodynamischen Kräfte bei turbulenten Einströmbedingungen ermöglicht. Das Konzept des beweglichen Vorflügels wurde während des Projektes im Windkanal getestet und lieferte vielversprechende Ergebnisse für weitere Entwicklungen.

Zusätzlich haben die Forscher die Wirtschaftlichkeit der Techno­logie­entwick­lungen bewertet. In Simulationen haben sie alle Mechanismen mit einer State-of-the-Art-Referenzanlage mit einem achtzig Meter langen Rotorblatt verglichen, mit dem Ergebnis, dass viele der untersuchten Mechanismen Rotorblätter in Zukunft besser machen können. In einem nächsten Schritt hoffen die Forscher, ihre Ergebnisse an Full-Scale-Rotorblättern testen zu können.

DLR / RK

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