Interdisziplinärer Blick auf Phasenübergänge

Materialeigenschaften besser verstehen: Forscherteam identifiziert Schlüsselexperimente.

Bei der Kollision mit dem Eisberg brach die Titanic auseinander. Ein Grund für die Katastrophe: der verbaute Stahl wurde spröde. Phasen­übergänge im Festkörper erklären diese Versprödung von Metallen. Ausgelöst durch Temperatur­veränderungen können sich Material­eigen­schaften verändern. Heute würde ein anderer Stahl verbaut, denn die Wissenschaft weiß mehr über Phasen­übergänge. Zu ihnen forschen Experten aus Material­wissen­schaften, Physik und Ingenieur­wissenschaft, um mit einem inter­disziplinären Blick auf das Feld künftige Forschungs­ziele abzustecken.

Abb.: Gabi Schierning vom Research Center Future Energy Materials and Systems...
Abb.: Gabi Schierning vom Research Center Future Energy Materials and Systems der Uni­ver­sität Duis­burg-Essen leitete die inter­diszi­pli­näre Studie. (Bild: M. Daarnen, UDE)

Im Alltag begegnen uns Phasen­übergänge als Veränderung des Aggregat­zustands, etwa von flüssigem Wasser zu Wasserdampf. Beim Phasen­übergang im Festkörper bleibt der Aggregat­zustand hingegen gleich. „Die Eigen­schaften des Festkörpers ändern sich jedoch, etwa durch Druck oder Temperatur­veränderungen. Ein Festkörper kann ab einer gewissen Temperatur sehr spröde oder magnetisch werden, indem er seine Kristall­struktur verändert“, so Material­wissen­schaftlerin Gabi Schierning von der Uni Duisburg-Essen.

Ein konkretes Anwendungs­beispiel für den Mechanismus des Phasen­übergangs erklärt Anna Grünebohm von der Uni Bochum: „Eine Form­ver­änderung beim Phasen­übergang kann vor allem in der Medizin­technik beim Einsatz von Stents gezielt genutzt werden. Einmal im Körper der Patienten eingesetzt, können die medizinischen Implantate durch einen Temperatur­impuls ihre Form verändern und sich in der verkalkten Blutbahn ausdehnen.“

In verschiedenen wissen­schaftlichen Disziplinen werden die Phasen­übergänge aus unter­schied­lichen Blickwinkeln untersucht. Ingenieure interes­sieren sich beispiels­weise für ihre Rolle bei Konstruktions­materialien wie Stahlschrauben. Festkörper­physiker fragen sich hingegen, was mit den Elektronen am Phasen­übergang passiert und entwickeln dafür komplexe Model­lierungen. „Unser inter­disziplinäres Forschungs­team hat die gemeinsam experi­mentell auftretenden Motive und Mechanismen erfasst“, erklärt Schierning.

Im Ergebnis haben die 14 Forscher die Experimente zusammen­getragen, die an verschiedenen Materialien durchgeführt werden sollten und erfasst, welche Studien für welche Material­klassen unter­reprä­sentiert sind und daher ins Auge gefasst werden sollten. „Daraus können wir eine Leitlinie für die weitere inter­disziplinäre Forschung ableiten“, so Schierning.

„Im Profilschwerpunkt Nanowissen­schaften der Uni Duisburg-Essen nutzen unsere Experten ihr Verständnis der Nanoskala, um nachhaltige Lösungen für die Energie­versorgung der Zukunft zu entwickeln“, betont Astrid Westendorf, Prorektorin für Forschung und wissen­schaftlichen Nachwuchs. „Gerade die inter­disziplinäre Perspektive der Wissen­schaftler ermöglicht es, Problem­lösungen aus verschiedenen Blick­richtungen zu entwickeln.“

UDE / RK

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