24.09.2018

ITER: Magnetspulen im Vakuum

Mineralisolierte Stromleiter und Herstellungsprozess für Produktion zugelassen.

Für Magnetspulen, die innerhalb der ITER-Vakuum­behälters betrie­ben werden, sind herkömm­liche Iso­la­tionen keine Option. Die im Plasma­reaktor eingesetzten Spulen müssen großen transi­enten elektro­magne­tischen Feldern, hohem Strahlungs­fluss und hohen Tempe­raturen standhalten können. Nach einem Jahr­zehnt der Ent­wicklung und intensiver Zusammen­arbeit mit Industrie und Forschungs­ein­richtungen wurde kürzlich die erste Phase der Fertigung – die Quali­fizierung der Produktion – erfolgreich ab­geschlos­sen.

Abb.: Der für den ITER entwickelte mineralisolierte Leiter verwendet eine Schicht aus kompri­miertem Mag­nesium­oxid­pulver (MgO), die eine elek­trische Iso­lierung zwischen Mantel und Leiter sowie Wärme­leitung und Festigung für den Kupfer­leiter gewähr­leistet. (Bild: ITER)

Die Spulen im Inneren des ITER-Vakuumbehälters sind Teil des gesamten Plasma­steuerungs­systems, das einen stabilen Plasma­betrieb gewähr­leisten muss. Zwei vertikale Spulen sorgen dabei für eine schnelle vertikale Stabilisierung des Plasmas, während eine Anordnung von 27 sogenannten Edge Localized Mode (ELM)-Spulen resonante magnetische Störungen erzeugt, um das Plasma­äußere magnetisch zu steuern und potenziell schädliche Leistungs­übertragungen auf plasmazugewandete Kompo­nenten zu unterdrücken. Die Spulen werden an der Wand des Vakuum­behälters hinter den Abschirm­modulen montiert.

Das Grund­gerüst beider Arten von Behälter­spulen ist ein nicht supra­leitender, mineral­isolierter Leiter, der aus einem Edelstahl­mantel mit 59 mm Außen­durchmesser, einer Mineralisolier­schicht aus Magnesium­oxid, einem Kupfer­hohl­leiter und einem mittleren Wasser­küh­lkanal besteht. Die Mineral­schicht aus kompri­miertem Magnesium­oxid (MgO)-Pulver sorgt für eine elektrische Isolierung zwischen Mantel und Leiter sowie für Wärme­leitung und bauliche Unter­stützung des Kupfer­leiters. Jede Spule im Behälter wird aus etwa 50 Metern Leitung gewickelt. Insgesamt benötigen die Spulen im Behälter mehr als 4 km mineral­isolierte Leitungen.

„Die ITER-Organisation hat in den letzten 10 Jahren umfang­reiche Design- und Forschungs- und Ent­wicklungs­arbeiten durch­geführt, um das Konzept des mineral­isolierten Leiters fertig­zustellen und geeignete Herstellungs­verfahren und -techniken zu entwickeln, um die Produktions­tauglichkeit zu gewähr­leisten“, sagt Anna Encheva, die ITER-Ingenieurin, die für den Behälter-Spulenleiter verantwortlich ist. „Mit dieser Arbeit hinter uns sind wir bereit, in die Serien­produktion einzusteigen. Da die meisten Kompo­nenten von Spulen im Behälter jedoch nicht auf beste­henden Industriel­ösungen basieren können, haben wir eine zwei­stufige Prozess aufgestellt: Erst die Quali­fikation zur Her­stellung von Leitern, dann die Fertigung.“

Abb.: Gezeigt, das es geht: Das ASIPP-Team in China freute sich im August über die erfolgreiche Her­stellung des ersten 100 Meter langen, konti­nuier­lichen Kupfer­rohres. (Bild: ITER)

Diese Qualifizierungs-Meilen­steine beenden ein 10-jähriges F&E-Programm unter der Leitung der ITER-Orga­nisation, indem das Konzept des mineral­iso­lierten Leiters erarbeitet und Techniken zur Sicher­stellung seiner Herstell­barkeit entwickelt wurden.

Anfang 2017 wurden mit zwei Lieferanten – dem italienischen Kon­sor­tium für ange­wandte Supra­leitung (ICAS) und dem Institute for Plasma Physics, Chinese Academy of Science (ASIPP) – Fertigungsverträge für diese Quali­fizierungs­phase unterzeichnet.

Eine der anspruchs­vollsten Fertigungs­aktivitäten war die Her­stel­lung langer, einteiliger Kupfer­rohre, die für das ITER-Konzept erforderlich sind, um Verbin­dungen in den Spulen zu vermeiden. Die Hersteller mussten geeignete Techniken und Geräte sowie kon­forme mechanische Eigen­schaften des End­produkts vorweisen.

Auch wenn die MgO-Isolierung in der Industrie für kleine Anwendungen (z.B. brand­schutz­technische Industrie- oder Diagnose­kabel) weit verbreitet ist, sind die für den ITER-Innenbehälterspulenleiter erforderlichen Mengen ohne Beispiel. Die Lieferanten mussten eine strenge Qualitäts­kontrolle entwickeln, um den Verun­reini­gungs­gehalt in der Isolierung auf einem sehr niedrigen Niveau zu halten (wichtig für die Aufrecht­erhaltung einer hervorragenden Beständigkeit) und die Auf­nahme von Feuchtig­keit zu begrenzen (als sehr hygro­skopisches Material nimmt MgO leicht Feuchtigkeit aus der Luft auf).

„Weitere Heraus­forderungen im Herstellungs­prozess ergeben sich aus der Steifig­keit des Leiters, die die Montage­tätigkeiten erschwert, und aus den von ITER geforderten engen Maß­toleranzen“, erklärt Encheva. „Diese Toleranzen werden sowohl durch die Festigkeits­anforderungen der Endspule als auch durch die engen Platz­verhältnisse in der Umgebung im Behälter bestimmt.“

Abb.: Auch das italienische ICAS-Konsortium hat im März 2018 die Herstellung von Lang­leitern erfolgreich demon­striert. (Bild: ITER)

Die Qualifizierungs­phase wurde von beiden Lieferanten erfolgreich abgeschlossen. Das ergaben die jüngsten Über­prüfungen der Produktions­reife in den jeweiligen Werken, bei denen das Über­prüfungs­gremium die Ergebnisse der Quali­fizierungs­phase sowie die Verfüg­barkeit von Ressourcen und Geräten für die Serien­produktion beurteilte.

Ein Lieferant wird nun ausgewählt, um in Serien­fertigung einen Leiter mit einer Gesamt­länge von ca. 5 km herzustellen. Die ITER-Orga­nisation geht davon aus, dass der Auftrag noch in diesem Jahr erteilt wird.

ITER / LK

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