Junger Sternstrom in der Milchstraße entdeckt
Der nur etwa 700 Millionen Jahre alte "Aquarius-Strom" besteht aus Überresten einer Nachbargalaxie in unserer Heimatgalaxis.
Junger Sternstrom in der Milchstraße entdeckt
Der nur etwa 700 Millionen Jahre alte "Aquarius-Strom" besteht aus Überresten einer Nachbargalaxie in unserer Heimatgalaxis.
Ein internationales Team von Astronomen um Mary Williams vom Astrophysikalischen Institut Potsdam hat einen bis dato unbekannten Sternstrom in unserer Milchstraße entdeckt: den „Aquarius-Strom“, benannt nach dem Sternbild des Wassermanns. Bei dem Sternstrom handelt es sich um die Überreste einer kleineren Galaxie in unserer Nachbarschaft, die vor 700 Millionen Jahren von der Schwerkraft der Milchstraße auseinander gerissen wurde. Der Fund ist Ergebnis der Vermessung der Geschwindigkeiten von 250.000 Sternen mit dem am Australian Astronomical Observatory stationierten Radial Velocity Experiment (RAVE) Survey.
Abb.: Visualisierung des Aquarius-Stromes und seiner Lage in der Milchstraße. (Bild: Arman Khalatyan, AIP)
Mit RAVE hat die Astronomin erstmals die Radialgeschwindigkeiten von 12.000 Sternen in der Milchstraße vermessen. So fand sie heraus, dass sich 15 Sterne in ihrem Geschwindigkeitsmuster von den anderen unterscheiden und mit Relativgeschwindigkeiten von bis zu 15.000 km/h durch die rotierende Scheibe der Milchstraße hindurch schießen. Der Vergleich der Sternparameter mit Simulationen zeigte, dass die Sterne als Teil eines größeren Sternstroms ursprünglich von einer Nachbargalaxie stammen. Diese traf, von der Schwerkraft der Milchstraße angezogen, vor etwa 700 Millionen Jahren auf die Milchstraße, wurde auseinandergerissen und formte aufgrund der Dynamik schließlich einen Sternstrom. Damit ist der Aquarius-Strom ein besonderer und vergleichsweise sehr junger Strom. Andere bekannte Ströme sind Milliarden von Jahre alt und in den Außenbereichen der Milchstraße lokalisiert.
Die besondere Methode, die mit Hilfe des RAVE Surveys zur Entdeckung des Sternstromes führte, lässt die Astronomen auf viele weitere Entdeckungen dieser Art hoffen. Bis 2012 soll RAVE die Charakteristika von bis zu einer Million Sterne unserer Milchstraße vermessen haben. Williams ist bereits seit dem Projektstart Teammitglied; am AIP leitet sie seit 2007 die Datenaufarbeitung.
„Mit RAVE wollen wir die Entstehungsgeschichte unserer Milchstraße verstehen“ erläutert Matthias Steinmetz, der Projektleiter der multinationalen RAVE-Kollaboration am Astrophysikalischen Institut Potsdam. „Wir wollen wissen, wie häufig solche Verschmelzungen mit Nachbargalaxien in der Vergangenheit vorgekommen sind und welche wir in Zukunft zu erwarten haben.“ In etwa drei Milliarden Jahren steht der Milchstraße die nächste große Kollision mit der Andromeda-Galaxie bevor – wenn ihr nicht sogar eine der in den letzten Jahren entdeckten Zwerggalaxien in nächster kosmischer Nachbarschaft zuvorkommt.
Astrophysikalisches Institut Potsdam / AL