16.03.2018

Kaon-Zerfall weckt Hoffnung

Suche nach seltenen Kaon-Zerfällen jenseits des Standardmodells erfolgreich – bessere Statistik erwartet.

Das Standardmodell der Teilchenphysik ist in den letzten drei Jahr­zehnten in eindrucks­voller Weise mit hoher Präzision vermessen und immer wieder bestätigt worden. Allerdings lässt das Modell viele Fragen offen, so vor allem nach dem Ursprung der dunklen Materie im Universum. Teilchen­physiker erwarten deshalb eine weiter­gehende Theorie, die das Standard­modell einschließt, aber zudem Antworten auf die noch offenen Fragen gibt. Eine solche Theorie sollte, so die Vermutungen, auf einer Energieskala von etwa einem Tera­elektronen­volt auftreten. Der LHC-Beschleuniger am CERN soll in diesem Energie­bereich neue Teilchen und Phänomene finden.

Abb.: Blick auf das NA62-Experiment: Im grauen Vakuumtank zerfallen die Kaonen, die 250 Meter tief im Tunnel erzeugt werden. Der grüne Tank ist ein Cherenkovdetektor, der die Pionen aus dem Zerfall identifiziert. (Bild: CERN)

Eine andere, komplementäre und ebenso viel­versprechende Möglichkeit zur Suche nach neuer Physik bietet sich bei niedrigeren Energie­skalen: Neue Physik kann Auswirkungen auf Teilchen­zerfälle haben, deren Rate sich dann von der Standard­modell­erwartung unterscheidet. Voraus­setzung für die Sensitivität auf neue Physik ist allerdings die Seltenheit des Zerfalls innerhalb des Standard­modells, sodass eine sehr hohe Gesamt­zahl von untersuchten Reaktionen benötigt wird.

Das NA62-Experiment am CERN verfolgt genau dieses Ziel: Es sucht nach dem Zerfall des geladenen Kaons in ein geladenes Pion und zwei unbeobacht­bare Neutrinos. Laut Standard­modell sollte dieser Zerfall nur einmal bei zwölf Milliarden Kaon­zerfällen vorkommen. Das Experiment wurde über mehrere Jahre bis Mitte 2016 am CERN aufgebaut und nimmt seitdem erfolgreich Daten. Nun sind die aller­ersten Daten des Jahres 2016 ausgewertet und wurden vor wenigen Tagen von Radoslav Marchevski von der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU) auf einer inter­nationalen Konferenz im italienischen La Thuile vorgestellt. Im untersuchten Daten­satz wurde genau ein Kandidat des extrem seltenen gesuchten Zerfalls gefunden. „Das ist außerordentlich überraschend, weil wir nach dem Standard­modell im Durchschnitt nach dieser Zeit nur mit 0,4 Ereignissen gerechnet hätten“, erklärt Rainer Wanke, der die Gruppe an der JGU leitet.

Trotz dieses vielversprechenden Ergebnisses ist es aber noch viel zu früh, um daraus Schlüsse zu ziehen. Das gezeigte Resultat basiert auf lediglich einem Prozent des gesamten, bis Ende dieses Jahres erwarteten Datensatzes. Zurzeit werden daher mit Hochdruck die Daten des Jahres 2017 ausgewertet, die dann bereits eine eindeutige Antwort auf die Entdeckung neuer Physik geben könnten.

Die NA62-Kollaboration besteht aus etwa 140 Wissenschaftlern aus 13 europäischen und nord­amerikanischen Ländern. Aus Deutschland ist eine Gruppe der Johannes Gutenberg-Universität Mainz beteiligt und für das Myon­veto­system verantwortlich. Die Gruppe betreut außerdem die PC-Farm zur Online-Daten­verarbeitung des Experiments und arbeitet zudem in führender Rolle an der Daten­auswertung mit.

JGU / DE

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