15.11.2019 • Dünne SchichtenEnergie

KaSiLi: Bessere Batterien für Elektroautos

Ein Quantensprung in der mobilen Energieversorgung kündigt sich an.

Elektrofahrzeuge sollen mit einer Batterie­ladung bis zu 700 Kilometer weit fahren, Smartphones deutlich seltener aufgeladen werden. Dafür wird KaSiLi stehen, das von Dresden aus unter der Feder­führung des Fraunhofer Instituts für Werkstoff- und Strahl­technik IWS im Verbund drei Jahre lang an neuen Elektroden-Technologien forschen soll. „Dadurch bahnt sich ein Quanten­sprung für die Batterie­technik an“, hofft Prof. Christoph Leyens, Instituts­leiter des Fraunhofer IWS und Direktor des Instituts für Werkstoff­wissenschaft der Technischen Universität Dresden. „Diese dis­ruptive Technologie hat das Potenzial, den Standort Deutschland deutlich voran­zubringen“, meint auch Chemie-Professor Stefan Kaskel von der TU Dresden, der in Personal­union das Excell­BattMat-Zentrum (kurz: EBZ) am Fraunhofer IWS und das vom BMBF geförderte KaSiLi-Projekt leitet.

Abb.:REM-Auf­nahme einer Silizium­schicht mit defi­nierter Struktur. Über...
Abb.:REM-Auf­nahme einer Silizium­schicht mit defi­nierter Struktur. Über die gezielte Ein­stel­lung von Struktur und Dicke der Schichten lassen sich die Eigen­schaften der Anoden in der Bat­terie­an­wen­dung steuern. (Bild: Fraun­hofer IWS Dresden)

In der langen Wert­schöpfungs­kette von der Batterie­zelle bis zum fertigen Elektroauto könne die deutsche Wirtschaft so deutlich an Gewicht gewinnen. „Letztlich wollen wir eine moderne Batterie­zellen-Produktion in Deutschland etablieren. Dadurch wären wir bei der Wende hin zu Elektro­mobilität und zu erneuerbaren Energien weniger als bisher von Zulieferungen aus Fernost oder den USA abhängig“, betont Kaskel. Um dies zu erreichen, entwickeln die Dresdner neue Materialien, Design­prinzipien und Verarbeitungs­technologien für die Elektroden in den kleinsten Energie­speicher-Einheiten eines Akkumulators, die heute meist als Batterie­zellen bezeichnet werden. Wichtige Bauteile in solch einer Zelle sind Anode und Kathode. Zwischen diesen beiden Polen wandern die elek­trischen Ladungs­träger hin und her, wenn eine Batterie geladen wird oder wenn sie gerade Strom für den Elektro­motor in einem E-Auto liefert. Heute besteht die Anode in einer Lithium-Ionen-Batterie meist aus einem wenige Mikrometer dünnen Kupfer-Strom­leiter, der mit einer etwa 100 Mikro­meter dicken Grafit­schicht bedeckt ist.

Diese Graphit-Schicht wollen die Dresdner Chemiker durch weit dünnere Schichten aus Silizium oder Lithium ersetzen. Diese sollen dann nur noch rund zehn bis 20 bis 30 Mikro­meter messen. Im Labor funktioniert das auch schon recht gut und sorgt bereits für mehr Energie­speicher-Vermögen. „Heutige Lithium-Ionen-Akkus kommen auf eine Energie­dichte von etwa 240 Watt­stunden pro Kilogramm bzw. bis 670 Wattstunden pro Liter“, erklärt Stefan Kaskel. „Mit unseren Elektroden wollen wir auf deutlich über 1 000 Watt­stunden pro Liter kommen“.

Auf dem Weg dahin müssen die Entwickler allerdings nicht nur die Chemie und die Beschichtungs­prozesse für ihre Zellen weiter verbessern, sondern auch ein mechanisches Problem lösen: Unter dem Mikroskop hat sich gezeigt, dass die mit Silizium oder Lithium dünn beschichteten Elektroden immer wieder schrumpfen und sich ausdehnen, wenn die Batterien aufgeladen oder entladen werden – als ob die Zelle atmen würde. Dies ist allerdings ein Problem, da die mechanische Belastung die Elektroden durch diese „Atmung“ rasch zerstören kann. Daher experi­mentieren die Kooperations­partner nun auch mit winzig kleinen Federn. Dafür arbeiten sie an speziellen Schichten für die Kathode: „Durch eine spezielle Anpassung ihrer mikro­skopischen Eigen­schaften soll diese abfedernde Eigen­schaften erhalten und damit ebenfalls wesentlich zu einer höheren Energie­dichte der neuen Batterie­generation beitragen“, so Dr. Kristian Nikolowski vom Fraunhofer-Institut für Keramische Technologen und Systeme IKTS.

Abb.: Aufbau von Pouch­zellen in drei Stufen: Die Zellen werden durch Stapeln...
Abb.: Aufbau von Pouch­zellen in drei Stufen: Die Zellen werden durch Stapeln von Einzel­lagen aus Elektro­den und Sepa­ratoren assem­bliert. Das ermög­licht industrie­nahe Material­tests für ver­schie­den­ste Zell­systeme. (Bild: Fraun­hofer IWS Dresden)

Um all diese Techno­logien in Prototypen zu gießen und schließlich zur Serien­reife zu führen, vereinen die KaSiLi-Partner verschiedene Forschungs­stärken, die einander ergänzen. Das IWS bringt seine Erfahrungen in der Dünnschicht-Technologie ein. Das Fraunhofer IKTS kümmert sich um die oxidische Kathoden­technik und deren Skalierung. Das Nano­elektronik-Labor NaMLab der Technischen Universität Dresden (TUD) untersucht mit speziellen Spektroskopie-Anlagen die neu­designten Anoden. Das Leibniz-Institut für Festkörper- und Werkstoff­forschung (IFW) Dresden fokussiert sich auf die struktu­rellen Analysen der Elektroden­schichten. Die TUD-Lehrstühle für anorganische Chemie von Prof. Stefan Kaskel und für anorganisch-nicht­metallische Werk­stoffe von Prof. Alexander Michaelis über­nehmen die Vorlauf­forschung für neue Elektroden-Aufbauten.

Außerdem kooperieren diese Dresdner Institute mit den drei anderen ExcellBattMat-Zentren Deutschlands aus Münster, München und Ulm. Die Dresdner Forscher agieren dabei als eine Art Hightech-Schmiede für neue Werkstoffe innerhalb des deutschland­weiten Dach­konzepts „Forschungs­fabrik Batterie“, das zahlreiche Batterie-Förder­aktivitäten des BMBFs unter einem Dach vereint.

Bis zum Jahr 2022 wollen die KaSiLi-Partner funktions­fähige Demon­stratoren fertig haben. Danach fließt das neue Batterie-Design in eine „Forschungs­fertigung Batteriezelle“ in Münster ein. All dies zielt letztlich darauf, eine eigene Groß­produktion von Batterie­zellen in der Bundes­republik aufzubauen. Dies soll die Wettbewerbs­fähigkeit von Elektro­autos „Made in Germany“ verbessern und Arbeits­plätze in Deutschland sichern.

IWS / LK

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