25.07.2022

KI entdeckt Waldbrände schneller

Effizientere Analyse von Infrarot-Aufnahmen von Satelliten.

Die Waldbrand­saison ist momentan wieder in vollem Gange. Solche Brände gilt es möglichst schnell zu entdecken, um größeren Schaden zu verhindern. Mit dem Projekt Serafim sollen Waldbrände mithilfe von Satelliten schneller als bislang erkannt werden. Zu den Verbund­partnern gehört neben der Universität der Bundeswehr München auch das Unternehmen OroraTech, das für die Entwicklung und den Launch der Satelliten zuständig ist sowie das deutsche Fernerkundungs­datenzentrum des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt – Abteilung Georisiken und zivile Sicherheit, das die Waldbrand­detektion von wissen­schaftlicher Seite mit statistischen Analysen begleitet.

Abb.: Michael Schmitt forscht an KI-basierten Georeferen­zierungs-Verfahren....
Abb.: Michael Schmitt forscht an KI-basierten Georeferen­zierungs-Verfahren. (Bild: Siebold, Uni BW)

Traditionell werden Waldbrände mittels Wachtürmen, Flugstaffeln oder auch durch Patrouillen detektiert und überwacht. Diese Methoden sind allerdings wenig effizient und lassen sich nur schwer auf größere und entfernte Gebiete skalieren. Mit der Satelliten-Fern­erkundung durch viele Satelliten im Rahmen einer Satellitenkonstellation ist es dagegen möglich, große Gebiete mit mehreren Überflügen pro Tag kosten­effizient zu überwachen. Zwar gibt es für die Detektion von Waldbränden bereits eine Reihe von Satelliten­missionen staatlicher Institutionen, allerdings weisen diese laut Michael Schmitt verschiedene Schwachpunkte auf.

Zum einen seien diese optischen Satelliten­missionen häufig so designt, dass der Überflug über die relevanten Gebiete vormittags stattfindet. Am Nachmittag existiere eine Lücke von etwa sechs Stunden, in der keine entsprechenden Daten verfügbar sind. „Waldbrände entstehen typischer­weise nachmittags, wenn es besonders heißt und trocken ist. Entsprechend wichtig sind Beobachtungen am Nachmittag“, sagt Schmitt. Eine weitere problema­tische Komponente bisheriger öffentlicher Satellitenmissionen sei, dass Tage oder Wochen vergehen können, bis ein Datenprodukt öffentlich zur Verfügung steht: „Das ist einfach zu spät. Das Ziel von Serafim ist daher, schnellere Alarmierungs­ketten zu schaffen und somit den schnellsten Waldbrand-Erkennungs­service der Welt anzubieten“, so Schmitt.

Der Projekt-Schwerpunkt der Professur für Erdbeobachtung liegt bei der Optimierung der Georeferenzierung, also der Einordnung der Daten in ein georäumliches Koordinaten­system. Diese genaue Lokalisierung der Bilddaten ist eine Heraus­forderung: Die Infrarot-Satellitendaten, mit denen man Waldbrände erkennt, basieren wie alle optischen Bilder auf einem winkel­basierenden Messprinzip. Bereits kleine Winkelfehler auf große Distanzen können zu enorm großen Lagefehlern führen. Wenn man also auf Basis der vom Satelliten zur Verfügung gestellten Informationen das Bild rechnerisch auf der Erdoberfläche verorten möchte, dann geht das selbst mit den besten optischen Satelliten­missionen nicht höchst genau. 

Hier möchte Schmitt mit seinem Team ansetzen: „Wenn man der Feuerwehr bzw. einer Einsatztruppe Informationen über den Standort eines Waldbrands gibt und dabei einen Kilometer danebenliegt, ist das nicht sehr hilfreich. Unsere Aufgabe ist daher, KI-basierte Verfahren zu entwickeln, die eine voll­automatische und hochgenaue Verortung dieser Satelliten­bilder ermöglichen, damit man dann die detektierten Waldbrände auch genau lokalisieren kann.“ Für eine präzise Georeferen­zierung will das Forscherteam auf bereits existente Referenzdaten zurückgreifen: Die thermalen Infrarot­aufnahmen der OroraTech-Satelliten sollen KI-basiert mit optischen Satelliten­bildern der Sentinel-2-Mission abgeglichen werden. 

Das Projektteam muss dabei vor allem mit zwei Schwierigkeiten umgehen: Die Daten des thermalen oder des mittleren Infrarots haben eine relativ lange Wellenlänge im Vergleich zum sichtbaren Licht, man misst bzw. beobachtet damit im Wesentlichen Oberflächen­temperaturen. Das bedeutet, man sieht dabei keine klassischen Farben, ein Pixel ist heller im Bild, wenn es sehr warm ist und dunkler, wenn es sehr kalt ist. Eine sehr warme Temperatur ist allerdings nicht immer automatisch auch ein Beleg für einen Waldbrand. Zudem haben solche Thermal-Infrarot­aufnahmen technisch bedingt eine vergleichsweise niedrige Auflösung von lediglich etwa einhundert Metern pro Pixel. In einem zweiten, kleineren Arbeitspaket werden die Wissenschaftler und Wissenschaft­lerinnen außerdem explorativ untersuchen, welche KI-basierten Verfahren heutzutage genutzt werden können, um Waldbrände mit noch höherer Zuverlässigkeit zu detektieren.

Das Projekt befindet sich momentan noch im Anfangsstadion, allerdings hat die Firma OroraTech bereits den ersten prototypischen Satelliten „Forest-1“ erfolgreich in den Orbit versandt. Am Ende soll nicht nur ein einzelner Satellit, sondern eine Konstellation von sieben Kleinsatelliten ein zeitlich möglichst engmaschiges, globales Monitoring erlauben. Das Unternehmen möchte die Daten weltweit ihren Kunden aus der Versicherungswirtschaft, der Forstwirtschaft, Feuerwehren, dem Katastrophenschutz oder dem Technischen Hilfswerk über eine browserbasierte Plattform zur Verfügung stellen.

Uni BW / JOL

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