24.03.2016

Kleine, feine Sterngucker

Nanosatelliten aus Wien und Graz liefern erste asteroseismologische Studien.

Am 25. Februar 2013 starteten zwei österreichische Satelliten – UniBRITE für die Universität Wien und BRITE-Austria für die TU Graz – von Indien aus ihre Nano­satelliten-Mission „BRITE-Constellation" ins All. Mit dabei: ein neues Diagnose­verfahren zur Erforschung der Struktur von hellen, massereichen Sternen. „BRITE steht für BRIght Target Explorer. Es handelt sich dabei um 20 Zentimeter lange und acht Kilogramm schwere, würfel­förmige Nano­satelliten, die ein kleines Weltraum­teleskop tragen", erklärt Werner W. Weiss, UniBRITE-Projekt­leiter vom Institut für Astrophysik der Universität Wien. Insgesamt fünf Nano­satelliten umkreisen mittler­weile die Erde in etwa 800 Kilometern Höhe; neben den zwei öster­reichischen auch noch zwei polnische und ein kanadischer Satellit.

Abb.: Der Nanosatellit UniBRITE kreist in einer 800 Kilometer hohen Umlaufbahn und dient zur Erforschung massereicher Sterne. (Bild: U. Wien)

Die BRITE-Constellation hat sich somit zu einem Vorzeige­projekt entwickelt, denn es handelt sich um die ersten Nanosatelliten im astro­physikalischen Forschungs­einsatz. Alle Beobachtungen werden im internationalen Team verarbeitet. Im Fachblatt „Astronomy & Astrophysics" erscheinen aktuell gleich drei Publikationen, die ohne die Nano­satelliten nicht möglich gewesen wären.

Das Projekt hat das Ziel, die Helligkeits­schwankungen von Sternen in zwei Farb­bereichen, dem roten und blauen, mit hoher Genauigkeit und über einen langen Zeitraum kontinuierlich zu messen. „Diese Messungen können nur vom Weltraum aus durchgeführt werden, da die photo­metrische Genauigkeit der Messungen durch die Turbulenzen der Erd­atmosphäre selbst bei völlig klarem Himmel deutlich ein­geschränkt ist”, so Weiss. Weiterhin fallen die äußerst störenden Unter­brechungen durch den Tag-Nacht-Rhythmus oder durch Schlecht­wetter in den Beobachtungs­reihen weg. Und auch die durch die Jahres­zeiten auf der Erde auf zwei Monate beschränkten Beobachtungs­zeit­räume ganzer Nächte werden durch BRITE auf bis zu sechs Monate verlängert.

Die BRITE-Datensätze sind für die Untersuchung von Stern­aufbau und -entwicklung mit den Methoden der Astero­seismologie unentbehrlich. Diese beruht darauf, dass Sterne vibrieren, was durch geringfügige Helligkeits­änderungen nach­weisbar ist. Aus den verschiedenen Pulsationen eines Sternes lässt sich dann gleichsam sein „Röntgenbild" entwickeln.

Zielgebiete der ersten Messungen waren u.a. die Circinus- und die Centaurus-Konstellation am südlichen Sternenhimmel. Diese Himmels­gegend ist für Astronomen in Sachen Stern­entstehung und -entwicklung besonders interessant, weil sie viele masse­reiche Sterne beherbergt. Solche Sterne führen einerseits nur ein relativ kurzes Leben, sind aber andererseits mit­verantwortlich für die Produktion jener chemischen Elemente, die auch für unser Leben erforderlich sind.

Ein Forschungsobjekt des Nanosatelliten war α Circini: Er ist ein so genannter „chemisch pekuliarer magnetischer Stern", bei dem die Magnet­feld­stärke, die bei allen Sternen vorhanden ist, ausreichend groß für eine detaillierte spektro­skopische, interferometrische und polari­metrische Untersuchung ist. Darüber hinaus pulsiert α Circini, und man kann deshalb auch das Innere dieses Sterns untersuchen. BRITE-Constellation konnte erstmals den Lichtwechsel durch Rotation in zwei Farben beobachten, und auch die Frage nach einer in der Vergangenheit unbeobachteten Pulsations­periode klären.

Ein anderer Stern ist β Centauri: Er ist ein komplexes Gebilde aus einem masse­reichen Doppelstern, der von einem dritten, etwas weiter entfernten Stern, umkreist wird. Die Bedeutung eines Doppelsterns liegt in der Möglichkeit, die Sternmassen durch die Gesetze der klassischen Mechanik sehr gut abschätzen zu können. Der innere Aufbau dieser Objekte kann man über deren Pulsations­eigenschaften bestimmen und mit großer Genauigkeit prüfen. Forscher der BRITE-Constellation haben β Centauri über 146 Tage mit BRITE-Constellation beobachtet. Die Herausforderung dabei war, die aufgezeichneten 17 Pulsations­frequenzen jeweils einer der beiden Doppel­stern­komponenten zuzuordnen und individuell deren Schwingungs­muster zu bestimmen. Letzteres wurde noch dadurch erschwert, dass beide Sterne in nur wenigen Tagen um ihre Achse rotieren, was die Pulsations­eigenschaften beeinflusst.

Ohne den langen, genauen und ununterbrochenen Datensatz von BRITE-Constellation wäre das Modellieren dieser massereichen pulsierenden Sterne nicht möglich gewesen. Jetzt dienen diese Modellierungen als Prototypen der Klasse von massereichen, so genannten B-Sternen, erklärt Andrzej Pigulski von der Universität Wroclaw, ebenfalls Mitglied des BRITE-Constellation-Teams.

Im Fall der Sterne η und μ Centauri haben es ebenfalls erst Daten der BRITE-Constellation erlaubt, die Wechsel­wirkungen zwischen der Pulsation von massereichen Sternen und deren unmittel­barer Umgebung aufzuklären. Ein Forschungs­team am European Southern Observatory um Dietrich Baade konnte in der Variabilität dieser beiden Sterne die stellaren Pulsationen von zirkum­stellaren hydro­dynamischen Vorgängen trennen.

An der Universität Wien erfolgen das Management der gesamten BRITE-Constellation und die astrophysikalische Forschung in Kooperation mit der Universität Innsbruck. Der von der TU Graz realisierte Satellit TUGSAT-1/BRITE-Austria wird von der eigens dafür entwickelten Boden­station in Graz betrieben, die nun auch den Betrieb von UniBRITE übernimmt. „Die beiden öster­reichischen Satelliten waren ursprünglich für einen zweijährigen Einsatz ausgelegt. Mittler­weile sind sie mehr als drei Jahre erfolgreich im Orbit. Die Auswertung der Messwerte zeigen, dass die BRITE-Satelliten noch mindestens weitere zwei Jahre operationell sein können", sagt Otto Koudelka, Projekt­leiter für BRITE-Austria.

U. Wien / DE

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