21.01.2010

Knoten im Licht

Britische Physiker haben verschlungene Lichtwellen mit optimierten Hologrammen hergestellt.

Britische Physiker haben verschlungene Lichtwellen mit optimierten Hologrammen hergestellt.

Lichtwellen können eine seltsam verschlungene Struktur haben, die unser räumliches Vorstellungsvermögen an seine Grenzen bringt. Während man sich die monochromatische ebene Lichtwelle eines Lasers noch leicht veranschaulichen kann, bringt schon die Überlagerung von drei ebenen Wellen ein kompliziertes Hell-Dunkel-Muster mit überraschenden topologischen Eigenschaften hervor. Das zeigt jetzt eine theoretische und experimentelle Untersuchung, die Forscher um Miles Padgett an der University of Glasgow durchgeführt haben.

Abb.: Die Knotenlinien, auf denen die Intensität der hergestellten Lichtfelder Null war, hatten die Form von (a) zwei zusammenhängenden Schlaufen oder eines Kleeblattknotens mit (b) drei bzw. (c) fünf Blättern. (Bild: Mark R. Dennis et al., Nature Physics)

Durch Interferenz von drei oder mehr monochromatischen Wellen kann ein Lichtfeld entstehen, dessen Schwingungsknoten linienförmig angeordnet sind. Auf diesen dunklen Linien ist die Schwingungsphase des Feldes unbestimmt. Um eine solche Linie bildet das Lichtfeld einen Phasenwirbel, da sich bei einer Umrundung der Linie die Phase um ein Vielfaches von 2π ändert. Ähnlich den Kristallebenen um eine schraubenförmige Versetzung haben die Wellenfronten um die Linie herum die Form einer Schraube. Wie die Versetzungslinien können auch die dunklen Linien nur an Oberflächen enden oder Schlaufen bilden. Vor zwei Jahren hatten Padgett und seine Kollegen im Speckle-Muster von reflektierten Laserstrahlen tatsächlich Wirbelschlaufen gefunden.

Die dunklen Schlaufen im Lichtfeld können sowohl miteinander verbunden als auch in sich verknotet sein. Solche Wirbelknoten im Licht hatten Padgett und seine Mitarbeiter erstmals Ende 2004 hergestellt, indem sie die Phase und die Intensität des Lichtfeldes mit einem computergesteuerten Flüssigkristallmodulator holographisch maßgeschneidert hatten. Dabei waren ihnen zwei verbundene Schlaufen sowie ein Knoten in Form eines dreiblättrigen Kleeblatts gelungen. Jetzt haben sie für die verknoteten Lichtfelder eine mathematische Theorie ausgearbeitet und ein verbessertes Verfahren entwickelt, mit dem sie auch kompliziertere Lichtknoten experimentell herstellen können.

Um die verknoteten Lichtfelder zu beschreiben, griffen die Forscher auf Arbeiten des US-Mathematikers John Milnor und des britischen Physikers Sir Michael Berry zurück. Zunächst wurde ein Schnitt durch die verknotete dunkle Linie gelegt. Die Nullstellen der Lichtintensität in der Schnittebene wurden als komplex Nullstellen eines geeigneten Polynoms beschrieben. Wurde die Schnittebene langsam bewegt, so bewegten sich die Nullstellen auf einer vorgegebenen Bahn, zum Beispiel einem Kreis. Aufgetragen gegen die Zeitachse liefen die Nullstellen auf Linien, die wie die Strähnen in einem Zopf umeinander geflochten waren. Wurden Anfang und Ende der verflochtenen Linien verbunden, so entstand ein Knoten.

Für Nullstellen, die sich auf einer Kreisbahn bewegten, lag der Knoten auf einem Torus. Solch ein Torusknoten ist z. B. der erwähnte Kleeblattknoten. Kompliziertere Bahnformen wie etwa ∞ führten zu komplexeren Knoten, die sich nicht auf einen Torus legen ließen. Wurde nun neben den verknoteten Nullstellenlinien auch das Polynom und seine Entwicklung längs der Zeitachse betrachtet, so erhielten die Forscher eine vollständige Beschreibung des verknoteten Lichtfeldes. Auf diese Weise konnten sie genau vorhersagen, wie sich die ortsabhängige Intensität und Phase des Lichtfeldes für einen bestimmten Knoten verhalten sollten.

Diese detaillierten Informationen ermöglichten es, auch komplizierte Lichtknoten experimentell zu realisieren. Dazu ließen die Forscher einen Laserstrahl durch das Flüssigkristallhologramm laufen und machten zahlreiche Aufnahmen des modulierten Lichtfeldes mit einer CCD-Kamera, die sie langsam durch das Lichtfeld bewegten. Aus diesen Bildern rekonstruierten sie die räumliche Phasen- und Intensitätsverteilung, die sie dann mit den entsprechenden Verteilungen des mathematisch konstruierten Lichtknotens verglichen. Diesem Ideal näherten sie sich mit Hilfe eines evolutionären Algorithmus an, wobei sie zufällige Änderungen am Hologramm machten und überprüften, ob sie sich vorteilhaft oder nachteilig auswirkten.

So gelang es Miles Padgett und seinen Kollegen neben einem nahezu perfekten Dreierkleeblattknoten auch einen fünfblättrigen Knoten herzustellen – beides Torusknoten. Erfolglos waren hingegen ihre Bemühungen, den Nichttorusknoten zu produzieren, der auf der ∞-Linie beruhte. Die Phasen- und Intensitätsverteilung des dazugehörigen Lichtfeldes erwies sich als (noch) zu kompliziert. Mit den holographisch hergestellten verknoteten Lichtfeldern ließen sich z. B. neuartige optische Fallen für Atome schaffen.

RAINER SCHARF

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AL

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