08.11.2021 • Energie

Kohlendioxid in Erdgaslagerstätten pressen

Speicherung in alten Lagerstätten unter der Nordsee könnte mehrere Probleme zugleich lösen.

Gemeinsam mit Partnern aus Forschung und Industrie untersucht ein Team der TU Bergakademie Freiberg, wie Kohlen­dioxid aus Abgasen in Zukunft sicher unter der Erdoberfläche gespeichert werden könnte.  Dabei haben die Forscher ehemalige Erdgasfelder unter der Nordsee im Blick. In diesem porösen Gestein könnte in Zukunft Kohlen­dioxid aus Industrie-Emissionen und der Atmosphäre gespeichert werden. Damit könnte das Treibhausgas nicht nur reduziert werden, sondern es könnte zusätzlich dazu beitragen, die unterirdischen Lager­stätten nach dem Ende der Erdgas­förderung zu stabilisieren.

 

Abb.: Blick in das untertägige Labor im Forschungs- und Lehrbergwerk der TU...
Abb.: Blick in das untertägige Labor im Forschungs- und Lehrbergwerk der TU Freiberg. (Bild: L. Ochmann)

Wie dieses Konzept umgesetzt werden kann, untersuchen die Forscher in den kommenden drei Jahren in einem internationalen Verbund­projekt des norwegischen Forschungs­instituts SINTEF gemeinsam mit der TU Bergakademie Freiberg, den Universitäten Cambridge (UK) und Utrecht (Niederlande) sowie den Industriepartnern Wintershall Dea, Shell und Equinor. Die Europäische Union fördert das Projekt ACT-RETURN mit insgesamt 7,41 Millionen Euro.

Der Druck in den unterirdischen Lagerstätten ist zum Ende der Erdgasförderung sehr niedrig. „Aufgrund besonderer thermo­dynamischer Eigenschaften von Kohlendioxid besteht zu Beginn der Kohlendioxid-Injektion durch eine Bohrung darum stets das Risiko des Auftretens eines Phasen­übergangs, zum Beispiel von flüssigem zu gasförmigem Kohlendioxid mit anschließender Zwei-Phasen-Kohlendioxid-Strömung. Das führt zu enormen Schwankungen des Drucks und der Temperatur, was wiederum mit erheblichen Risiken für die Bohrungsintegrität (Sicherheitsproblem) sowie für das Kohlendioxid-Injektionsverhalten (wirtschaftliches Problem) einhergeht“, erklärt Mohd Amro.

„Eine weitere Herausforderung besteht darin, dass aktuell keine computergestützten Modelle existieren, welche dazu in der Lage wären, das komplexe Strömungs­verhalten von Kohlendioxid ausreichend genau abzubilden“, ergänzt der Leiter des Instituts für Bohrtechnik und Fluidbergbau. Sicherheitstechnische und wirtschaftliche Risiken können somit nicht erfasst und die erforderlichen betrieblichen Optimierungen nicht durchgeführt werden. An dieser Stelle setzen die Forschungen am Institut an: „Gemeinsam mit dem Industriepartner Wintershall Dea AG entwickeln wir numerische und simultane Lösungen auf Basis existierender und zu optimierender Software.“

Die für die Softwarelösung benötigte Datengrundlage gewinnt das Team in einem ersten Schritt mit Hilfe von Untersuchungen im untertägigen Labor im Forschungs- und Lehrbergwerk der TU Bergakademie Freiberg. Dort herrscht ganzjährig eine konstante Temperatur. In einem speziellen Reaktor können die Forscher zusätzlich den Druck in der untersuchten Lagerstätte simulieren und so den Einfluss der beiden Faktoren auf die Gesteinsproben mit dem injizierten Kohlendioxid in der Größenordnung von zirka 100 Millilitern analysieren. „Die in Freiberg erhobenen Daten liefern den Projektpartnern wichtige Grundlagen für die Erprobung des Vorhabens in realen Lagerstätten“, so Mohd Amro.

„Wie das eben bewilligte Projekt zeigt, ergeben sich auch nach dem sogenannten Ende des Erdölzeitalters interessante und zukunftsorientierte Forschungsfragen im Bereich der Geoströmungs- und Speichertechnik“, sagt der Projektleiter. Doktorand Martin Kirch wird Mohd Amro in den kommenden drei Jahren bei der Umsetzung des Projekts unterstützen. „Unsere Ergebnisse werden außerdem in die anwendungs­orientierte Ausbildung der Studierenden einfließen.“

TU Bergakademie Freiberg / DE

 

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