Kohlenstoff zeigt Quanteneffekte
Cope-Umlagerung bei extrem tiefen Temperaturen beobachtet.
Auch Kohlenstoffatome verhalten sich nicht nur wie Teilchen, sondern auch wie Wellen verhalten. Das konnten jetzt Forscher der Uni Bochum zeigen. „Unser Ergebnis ist eines von wenigen Beispielen dafür, dass Kohlenstoffatome Quanteneffekte zeigen können“, sagt Wolfram Sander von der Uni Bochum. Konkret beobachteten die Forscher, dass Kohlenstoffatome tunneln können. Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Objekt in der Lage ist zu tunneln, hängt von seiner Masse ab. Daher kann das Phänomen zum Beispiel für die leichten Elektronen deutlich einfacher beobachtet werden als für das relativ schwere Kohlenstoffatom.
Abb.: Sie waren maßgeblich daran beteiligt, das ungewöhnliche Verhalten des Kohlenstoffs nachzuweisen: Tim Schleif (links) und Joel Mieres Perez (rechts; Bild: U. Bochum).
Die Forscher untersuchten die Tunnelreaktion anhand der Cope-Umlagerung, einer seit fast achtzig Jahren bekannten chemischen Reaktion. Das Ausgangsmolekül für die Reaktion, eine Kohlenwasserstoffverbindung, ist dabei identisch mit dem Produktmolekül. Vor und nach der Reaktion liegt also die gleiche chemische Verbindung vor. Allerdings verknüpfen sich die Kohlenstoffatome in dem Prozess neu, die Bindungen in dem Molekül verlagern sich also.
In ihrem Experiment markierten die Forscher ein Kohlenstoffatom des Ausgangsmoleküls: Sie ersetzten eines der daran gebundenen Wasserstoffatome durch das Wasserstoffisotop Deuterium. Moleküle vor und nach der Cope-
Bei Raumtemperatur wirkt sich dieser Unterschied nicht aus, aufgrund der in der Umgebung reichlich vorhandenen Wärmeenergie liegen beide Formen gleich häufig vor. Bei sehr tiefen Temperaturen unter zehn Kelvin wird allerdings eine Molekülform aufgrund des Energieunterschieds stark bevorzugt. Beim Übergang von Raumtemperatur zu extrem tiefen Temperaturen müsste sich das Gleichgewicht von einer gleichhäufigen Verteilung der beiden Formen zu einer ungleichen Verteilung verschieben.
Diese Verschiebung kann aber unmöglich auf klassischem Weg stattfinden – denn für die Umlagerung von einer in die andere Form müsste eine Energiebarriere überwunden werden, wofür weder das Molekül selbst die Energie besitzt noch die kalte Umgebung diese liefern kann. Obwohl sich das neue Gleichgewicht auf klassischem Wege nicht einstellen dürfte, konnten die Forscher es trotzdem im Experiment nachweisen. Ihr Fazit: Die Cope-
Sander erforscht die Wechselwirkungen von Lösungsmitteln und gelösten Molekülen. „Es ist bekannt, dass Lösungsmittel die Fähigkeit zu tunneln beeinflussen“, sagt der Wissenschaftler. „Aber es ist bislang völlig unverstanden, wie sie das tun.“
RUB / RK