04.02.2019

Kompakt, präzise und leistungsstark

Mobiler Mini-Beschleuniger MACHINA/PIXE-RFQ kommt dem Kunstwerk auf die Spur.

Teilchenbeschleuniger finden vielfältige Anwendungen auch außerhalb der physikalischen Grundlagenforschung. Nach dem ersten „Miniatur“-Beschleuniger, der für einen kompakten Injektor zur Protonentherapie entwickelt wurde, baut das CERN einen neuen transportablen Hochfrequenzbeschleuniger zur Bereitstellung eines Protonenstrahls für die Untersuchung von Kulturgütern.

Abb.: CERN baut nicht nur Welt­ma­schinen: Der hoch­frequente Quadrupol des...
Abb.: CERN baut nicht nur Welt­ma­schinen: Der hoch­frequente Quadrupol des MACHINA-Projektes – hier mit dem für seine Kon­struktion verant­wortlichen Ingenieur Serge Mathot – ermöglicht Protonen-Beschleu­niger von gerade einmal einem Meter Länge und soll die zerstörungs­freie PIXE-Analytik orts­unabhängig machen. (Bild: Julien Marius Ordan/CERN)

Das Nachweisprinzip beruht auf der protoneninduzierten Röntgenemissionstechnik (PIXE), bei der ein die Probe durchlaufender Protonenstrahl aus deren Atomen Elektronen herausschlägt und so über den anschließenden Abregungsprozess charakteristische Röntgenstrahlung freisetzt. Die zerstörungsfreie und für den qualitativen und quantitativen Nachweis von Elementen von Natrium bis Uran geeignete Methode ist bisher auf große stationäre Anlagen wie z. B. Tandem-van-de-Graaff-Beschleuniger angewiesen.

Seit Mitte 2017 arbeitet das CERN am Aufbau eines hochfrequenten Quadrupols (RFQ) zur Beschleunigung der Protonen auf kleinem Raum, um diese Limitierung des PIXE-Verfahrens zu überwinden. Der RFQ ist eine Komponente, die am Anfang aller Protonenbeschleunigerketten zu finden ist. RFQs sind so konzipiert, dass sie hochintensive Strahlen erzeugen. Die Herausforderung beim Bau eines auf diesem Beschleunigungsprinzip beruhenden mobilen Miniatur-Beschleunigers besteht darin, die Betriebsfrequenz der RFQ zu verdoppeln, um die Länge verkürzen zu können. Die gewünscht hohen Frequenzen wurden erstmals 2015 beim Bau eines Miniaturbeschleunigers für die Krebstherapie realisiert. Bereits damals war der CERN-Ingenieur Serge Mathot für die Konstruktion des Beschleunigers verantwortlich. Mittels neuer innovativer Strahldynamiken wurde der PIXE-RFQ noch kompakter und stromsparender gemacht. Das Ergebnis ist ein nur ein Meter langer Protonenbeschleuniger, der einen Strahl von zwei Megaelektronenvolt bei einer Leistungsaufnahme von weniger als sechs Kilovoltampere erzeugen kann. Im Vergleich dazu beschleunigt ein klassischer RFQ das Proton nicht einmal auf ein Megaelektronenvolt auf einem Meter.

Die Erforschung kulturgeschichtlicher Güter erfordert eine in-situ zerstörungsfreie Analyse. Ein transportabler Beschleuniger mit PIXE bietet die einzigartige Möglichkeit, die Einschränkungen der allgemein in diesem Arbeitsbereich eingesetzten mobilen Röntgenfluoreszenzmethode zu überwinden. PIXE hat eine höhere Empfindlichkeit, liefert Informationen aus unterschiedlichen Schichttiefen unter Verwendung verschiedener Protonenenergien und kann darüber hinaus auch noch weitere Reaktionen, wie Gamma-Emission oder rückgestreute Teilchen, für eine effizientere Analyse nutzen.

Die Möglichkeiten des Miniaturbeschleunigers und die Anforderungen an ein mobiles PIXE-System werden in dem vom CERN und dem italienische National Institute for Nuclear Physics (INFN) gemeinsam vorangebrachten Projekt MACHINA – Movable Accelerator for Cultural Heritage In-situ Non-destructive Analysis. Das INFN mit seiner Abteilung Cultural Heritage Network (CHNet) verfügt über mehr als 35 Jahre Erfahrung in der Beschleunigeranalyse von Kunstwerken und anderen Kulturgütern. In Zusammenarbeit mit dem Opificio delle Pietre Dure (OPD) in Florenz wurden bereits zahlreiche Meisterwerke von Leonardo da Vinci, Antonello da Messina, Vasari, Mantegna und anderen untersucht. In Zusammenarbeit mit INFN-CHNet kann so die am CERN entwickelte kompakte Protonenbeschleuniger-Technologie optimiert und in kulturhistorischen Projekten eingesetzt werden.

Abb.: Noch ist man vor Ort auf herkömmliche Untersuchungsmethoden angewiesen,...
Abb.: Noch ist man vor Ort auf herkömmliche Untersuchungsmethoden angewiesen, aber ab dem Jahr 2020 können Kunstwerke auch dort mit dem mobilen Mini-Beschleuniger MACHINA/PIXE-RFQ analysiert werden. (Abb.: INFN)

Im vergangenen Dezember erreichte das Projekt einen wichtigen Meilenstein: Nach rund eineinhalb Jahren hochpräziser Bearbeitung und Vermessung in der CERN-Werkstatt wurden die vier Schaufeln des ersten der beiden PIXE-RFQ-Module durch Vakuumlöten montiert. Die Modulation an der Spitze der Schaufeln ermöglicht eine Beschleunigung der Protonen und muss mit einer Genauigkeit von zehn Mikrometern bearbeitet werden. Die 50 Zentimeter langen und sieben Zentimeter hohen Lamellen müssen dann mit einer Genauigkeit von 30 Mikrometern montiert werden. Das Vakuumlöten ist die beste Technik für das Zusammenfügen der Bauteile, und dank eines ursprünglich für den Linac4-RFQ entwickelten Verfahrens ist der Prozess heute sehr effizient. Während eines kontrollierten Erwärmungszyklus unter Vakuum schmelzen Drähte aus einer Silber-Kupfer-Legierung und die Flüssigkeit fließt zwischen die Teile. Federn dienen zur Ausrichtung während der Erwärmung. Nach dem Abkühlen und Verfestigen bildet sich eine perfekte Verbindung zwischen den Kupferstücken.

Auch wenn der Bau des neuen Beschleunigers noch nicht abgeschlossen ist, befindet sich das Projekt MACHINA/PIXE-RFQ auf einem guten Weg. Erste Strahltests werden für Ende 2019 erwartet, und die erste Analyse eines realen Kunstobjekts am OPD ist für 2020 geplant.

CERN / INFN / LK

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