20.04.2010

Komplizierte Kräfte in Atomkernen ergründet

Forscher berechneten erstmals zuverlässig die Wechselwirkungen in einem mittelgroßen Atomkern.

Forscher berechneten erstmals zuverlässig die Wechselwirkungen in mittelgroßen Atomkernen.

Bonner Wissenschaftler konnten erstmals die Wechselwirkungen in einem mittelgroßen Atomkern zuverlässig berechnen. Voraussichtlich können sie bald auch die Kerne von sehr großen, noch gar nicht gefundenen Atomen vorhersagen. Ihre Studie entstand in Zusammenarbeit mit dem Forschungszentrum Jülich und der North Carolina State University.

Der Großrechner JUGENE am Forschungszentrum Jülich brauchte eine knappe Woche für die Berechnung der Energiewerte von fünf Atomkernen – am Ende stimmten die Rechenergebnisse mit den realen Werten überein. Die neue Rechenmethode des Bonner Physikers Ulf-G. Meißner und seiner Kollegen hat somit die komplexen Wechselwirkungen innerhalb der Atomkerne richtig erfasst. Fünf mittelgroße Kerne hatten die Forscher unter die Lupe genommen, darunter das Gas Helium, das Metall Lithium und den universell vorkommenden Kohlenstoff.

"Wir sind ein altbekanntes Problem in der Physik angegangen, nämlich: Wie kann man den Aufbau von Atomkernen verstehen?" erläutert Meißner. Atomkerne sind faszinierende Gebilde; in ihnen sind sehr viele kleine Bausteine auf aller engstem Raum zusammengepresst. Die Kernbausteine, Protonen und Neutronen, wechselwirken auf vielfältige Weise miteinander und untereinander: Zum Teil stoßen sie sich ab, hauptsächlich herrscht zwischen ihnen aber eine ungeheure Anziehungskraft, die "starke Wechselwirkung".

"Die starke Wechselwirkung lässt sich nicht über normale physikalische Modelle beschreiben", sagt Meißner. "Sie ist einfach zu kompliziert." Daher ließen sich größere Atomkerne bisher nicht zuverlässig berechnen, denn je mehr Bausteine desto komplexer die Kräfte im Inneren der Kerne. Vergleichbar ist das mit einem Straßenbahnnetz: Je mehr Linien in der Stadt verkehren, desto mehr Kreuzungspunkte gibt es und desto schwieriger ist es auch, die Fahrpläne zu erstellen.

Die Forscher haben jetzt erstmals zwei Methoden miteinander vereint und so ein neues Verfahren entwickelt, um Atomkerne zu berechnen. Ein gewöhnlicher Computer schafft diese Rechenaufgabe nicht mehr. Daher haben sie den Großrechner JUGENE am Forschungszentrum Jülich mit ihrem Modell gefüttert. "Dass die Ergebnisse mit den bekannten Energiewerten übereinstimmen, zeigt, dass unser neues Verfahren funktioniert", sagt Meißner.

"Mit unserer Methode sollten sich auch sehr instabile Kerne präzise berechnen lassen", hofft Meißner, "und somit auch deren Eigenschaften vorhersagen lassen. Wir können dann sagen, ob ein beliebiger Atomkern stabil ist, wie groß er ist und wie er sich verhält." Die Forschergruppe plant, solche supergroßen Kerne bald zu berechnen. Allerdings wird es noch ein paar Jahre dauern, bis das Verfahren genügend verfeinert ist.

Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn


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