Kontaktlos zu hohen Leistungen
Supraleitende Spulen zur kontaktlosen Energieübertragung im Kilowatt-Bereich.
Einem Team um Christoph Utschick und Rudolf Gross von der TU München ist es gelungen, eine Spule aus supraleitenden Drähten herzustellen, die Leistungen von mehr als fünf Kilowatt kontaktlos und ohne große Verluste übertragen kann. Vielfältige Anwendungen in autonomen Industrierobotern, Medizingeräten, Fahrzeugen oder sogar Flugzeugen sind damit denkbar. Die Forscher mussten ein Problem überwinden: Auch in supraleitenden Übertragungsspulen gibt es geringe Wechselstromverluste. Sie steigen mit zunehmender Übertragungsleistung und haben eine fatale Folge: Die Oberflächentemperatur in den supraleitenden Drähten nimmt zu, und die Supraleitung bricht zusammen.
Das Team entwarf daher ein besonderes Spulendesign, bei dem die einzelnen Windungen der Spule durch Abstandshalter voneinander getrennt sind. „Durch diesen Trick werden die Wechselstromverluste in der Spule signifikant reduziert“, sagt Utschick. „Damit sind Übertragungsleistungen bis in den Kilowatt-Bereich erreichbar.“ Den Spulendurchmesser ihres Prototypen wählten die Forscher dabei so, dass sie eine höhere Leistungsdichte erzielten als bei kommerziell erhältlichen Systemen. „Die Grundidee bei den supraleitenden Spulen ist es, auf möglichst kleinem Wickelraum einen möglichst niedrigen Wechselstromwiderstand zu erzielen und somit die reduzierte geometrische Kopplung zu kompensieren“, so Utschick.
Hier mussten die Forscher einen prinzipiellen Konflikt überwinden: Machten sie den Abstand zwischen den Windungen der supraleitenden Spule klein, wurde die Spule zwar sehr kompakt, die Forscher riskierten aber einen Zusammenbruch der Supraleitung im Betrieb. Größere Abstände dagegen führen zu einer geringeren Leistungsdichte. „Den Abstand zwischen den einzelnen Windungen haben wir mithilfe analytischer und numerischer Simulationen optimiert“, erklärt Utschick. „Er entspricht in etwa der halben Breite des Bandleiters.“ Die Forscher wollen nun daran arbeiten, die übertragbare Leistung weiter zu erhöhen.
Sollte dies gelingen, sind zahlreiche, überaus interessante Einsatzgebiete denkbar, etwa in Industrierobotern, autonomen Transportfahrzeugen oder medizinischen Hightech-Geräten. Sogar elektrische Rennfahrzeuge, die dynamisch auf der Strecke geladen werden, oder autonome elektrische Fluggeräte hält Utschick für denkbar. Ein Problem für eine breitere Anwendbarkeit des Systems muss allerdings noch gelöst werden: Die Spulen müssen dauerhaft mit flüssigem Stickstoff gekühlt werden. Die verwendeten Kühlgefäße dürfen dabei nicht aus Metall sein. Ansonsten würden sich die Wände der Gefäße im Magnetfeld der Spulen wie bei einem Induktionsherd stark erwärmen. „Maßgeschneiderte Kühlsysteme sind aktuell kommerziell noch nicht erhältlich. Das erfordert noch umfassende Entwicklungsanstrengungen“, sagt Gross, „die Arbeit stellt jedoch einen großen Fortschritt für die kontaktlose Energieübertragung großer Leistungen dar.“
TUM / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
C. Utschick et al.: Superconducting Wireless Power Transfer Beyond 5 kW at High Power Density for Industrial Applications and Fast Battery Charging, IEEE Trans. Appl. Superconductivity 31, 1 (2021); DOI: 10.1109/TASC.2021.3056195 - Technische Physik, Technische Universität München