Kontrollierte Quelle für einzelne Photonen
Dynamik in Farbzentren in hexagonalem Bornitrid analysiert.
Ein wichtiger Baustein für angewandte Quantentechnologien sind Einzelphotonenemitter – Materialien, die in schneller Folge einzelne Photonen aussenden. Ein genaues physikalisches Verständnis, wie Einzelphotonenemitter aufgebaut sind und wie sie sich kontrollieren lassen, ist für deren möglichen Einsatz in zukünftigen Anwendungen nötig. Ein Team von Physikern der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster und der Technischen Universität Breslau hat nun erstmals die schnelle Kontrolle von Einzelphotonenemittern innerhalb von Pikosekunden durch Laserimpulse in zweidimensionalem, hexagonalem Bornitrid systematisch untersucht.

„Hexagonales Bornitrid – kurz hBN – ist ein 2D-Material mit besonders interessanten Eigenschaften“, sagt Daniel Wigger vom Institut für Theoretische Physik der TU Breslau. „Unter anderem existieren in hBN-Kristallen Einzelphotonenemitter, die im Gegensatz zu vielen anderen Systemen, bei denen extrem niedrige Temperaturen benötigt werden, auch bei Raumtemperatur funktionieren.“ Experten sind sich sicher, dass diese Einzelphotonenemitter dadurch entstehen, dass sich Fremdatome im hBN-Kristall befinden, was als atomarer Defekt oder Farbzentrum bezeichnet wird. Diese Farbzentren, deren genaue atomare Struktur noch nicht bekannt ist, nahmen die Forscher in ihrer aktuellen Arbeit unter die Lupe.
Sie gewannen ein umfassendes Verständnis der Dynamik innerhalb der Farbzentren im hBN-Kristall, indem sie ihre Experimente mit theoretischer Modellierung kombinierten. Ein Augenmerk lag dabei auf dem Störfaktor Umgebung. Mikroskopische Systeme werden durch verschiedene Wechselwirkungen mit der Umgebung beeinflusst, die sich als externes Rauschen auf verschiedenen Zeitskalen darstellen, beispielsweise als leichtes Schwanken der Farbe der ausgesendeten Photonen. Insbesondere die Quanteneigenschaften solcher Systeme reagieren darauf sehr empfindlich. Es kann zu Dekohärenz, einem Verlust der im System gespeicherten Quanteninformation, kommen.
Das Team nutzte ultraschnelle Laserimpulse, um den Quantenzustand des atomaren Defekts zu präparieren und auszulesen. „Vereinfacht gesagt funktioniert die angewandte Technik wie ein Stroboskop“, sagt Steffen Michaelis de Vasconcellos vom Physikalischen Institut in Münster. „Ein erster Impuls erzeugt einen Quantenzustand, der nach einer Wartezeit von einem zweiten Impuls ausgelesen wird. Ändert man den zeitlichen Abstand zwischen den beiden Laserimpulsen, kann man die zeitliche Änderung des Quantenzustands und damit den Verlust der Kohärenz messen.“
Neben diesem zentralen Experiment untersuchten die Physiker sehr genau das Spektrum des Emitters. Die Experimente ergänzten sie um Computersimulationen, die dieselben Parameter untersuchten. Besonderes Augenmerk galt dabei den Phononen – Schallwellen im Kristall –, die ein wesentlicher Störfaktor sein können. „Experiment und Theorie haben in unserer Studie ein konsistentes Bild ergeben“, sagt Daniel Wigger. Die Forscher betrachteten damit erstmals sowohl den dynamischen Charakter des Emittersystems als auch dessen Lichtspektrum, um die Bedeutung externer Einflüsse auf verschiedenen Zeitskalen zu verstehen. Einerseits können Störungen so in potenziellen Anwendungen vermieden werden und andererseits können Phononen als quantenmechanische Anregungen mit in technologische Anwendungen einbezogen werden.
WWU Münster / JOL