01.04.2011

Kosmische Schallplatten

Die Ringe der Planeten Saturn und Jupiter bewahren über Jahrzehnte hinweg die Spuren von Zusammenstößen mit kleineren Himmelskörpern.

Die Ringe der Planeten Saturn und Jupiter bewahren über Jahrzehnte hinweg die Spuren von Zusammenstößen mit kleineren Himmelskörpern.

Kollisionen mit Kometen hinterlassen wellenförmige Störungen in den Ringsystemen von Planeten, die sich noch Jahrzehnte später nachweisen und auswerten lassen. Das zeigen Beobachtungen, die amerikanische Forscher jetzt präsenteren. Die Störungen könnten den Astronomen künftig Informationen über die Anzahl von Kometen und Asteroiden im äußeren Sonnensystem liefern.

Abb.: Entwicklung einer Störung in einem Planetenring: Zunächst verbiegt die Kollision mit einem kleineren Körper das Ringsystem leicht (oben), diese Störung breitet sich langsam aus (Mitte) und führt zu wellenförmigen Schwingungen der Ringpartikel (unten). (Bild: Science/AAS)

Im August 2009 schien die Sonne exakt auf die Kante der Saturnringe. Diese ungewöhnliche Beleuchtungssituation erlaubte es Matt Hedman von der Cornell University in Ithaca im US-Bundesstaat New York und seinen Kollegen, einen genauen Blick auf die Struktur des Ringsystems zu werfen. Bei einem Durchmesser von fast einer Million Kilometern sind die aus Eispartikeln und kleinen Gesteinsbrocken bestehenden Saturnringe teilweise nur wenige hundert Meter dick.

Wie Hedman und sein Team nun berichten, ist diese extrem dünne Scheibe aber keineswegs völlig glatt. Die von den Forschern ausgewerteten Bilder der amerikanischen Raumsonde Cassini zeigen über weite Bereiche des Ringsystems eine wellige Struktur mit einer Amplitude von 2 bis 20 Metern und einer Wellenlänge von 30 bis 80 Kilometern. Aus dem genauen Verlauf dieser Wellen schließen Hedman und seine Kollegen, dass ein kleinerer Himmelskörper diese Störung verursacht hat, als er 1983 durch die Saturnringe hindurch flog. Aus der radiale Ausdehnung der Störung folgern die Forscher außerdem, dass es sich nicht um ein einzelnes Objekt, sondern eher um eine auseinandergezogene Trümmerwolke gehandelt hat - typisch für Kometen, die im Schwerefeld eines großen Planeten oft in viele kleinere Fragmente zerbrechen.

Angeregt durch diesen Befund wendeten sich Hedman und seine Kollegen dem Planeten Jupiter zu. Auch der größte Planet des Sonnensystems besitzt ein Ringsystem, dass allerdings wesentlich weniger auffällig und ausgedehnt ist als das des Nachbarplaneten Saturn. Auf Aufnahmen der Jupitersonde Galileo aus den Jahren 1996 und 2000, sowie weiteren Bildern der Plutosonde New Horizons, die 2007 am Jupiter vorüber flog, konnten Hedman und seine Kollegen zwei sich überlagernde Wellenmuster erkennen. Auch hier konnten die Wissenschaftler ausrechnen, wann es zu der Störung des Ringsystems gekommen ist: Zwischen Juli und Oktober 2004. Damit bestätigt sich der Verdacht der Forscher, dass Kollisionen mit kleineren Himmelskörpern die Ursache für die Wellen in den Ringsystemen sind. Denn im Juli 1994 näherten sich die Trümmer des zerfallenen Kometen Shoemaker-Levy 9 dem Jupiter und stürzten schließlich spektakulär in die Atmosphäre des Riesenplaneten.

Kollisionen mit Asteroiden, Kometen oder deren Trümmerwolken können in den Ringsystemen von Planeten also offenbar über Jahrzehnte hinweg nachweisbare Spuren hinterlassen - kosmischen Schallplatten gleich zeichnen die Ringe diese Ereignisse auf. Damit bietet die Beobachtung der Planetenringe eine neue Möglichkeit, die Häufigkeit solcher Zusammenstöße - und damit auch die Anzahl kleinerer Himmelskörper im äußeren Sonnensystem - zu bestimmen.

  

Rainer Kayser

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