13.02.2014

Kosmische Strahlung zeigt Richtung des interstellaren Magnetfelds

Messungen des Satelliten IBEX und von Teilchendetektoren auf der Erde liefern übereinstimmende Ergebnisse.

Die Form und die Ausdehnung der Heliosphäre hängen von der Relativgeschwindigkeit zwischen dem Sonnensystem und dem lokalen interstellaren Medium, der lokalen Dichte dieses Mediums, der Stärke der Sonnenaktivität sowie der Stärke und Richtung des lokalen interstellaren Magnetfelds ab. Um ein Modell der Wechselwirkung zwischen dem Sonnensystem und seiner Umgebung zu entwickeln, sind also Informationen über dieses Magnetfeld notwendig. Erste Abschätzungen lieferte den Astronomen die interstellare Polarisation naher Sterne.

Abb.: Anisotropie der kosmischen Strahlung: rechts das Modell auf Basis der IBEX-Messungen, links die tatsächlichen Messungen im TeV-Bereich. Rot zeigt jeweils die höchste, blau die niedrigste Intensität an. (Bild: N.Schwadron et al., AAAS)

Vor fünf Jahren stieß dann IBEX, der „Interstellar Boundary Explorer“, auf ein unerwartetes Aktivitätsband am Rand des Sonnensystems. IBEX misst von außen durch das Sonnensystem strömende, elektrisch neutrale Atome mit Energien von einigen hundert bis einigen tausend Elektronenvolt. Solche Atome können aufgrund ihrer elektrischen Neutralität ungehindert von Magnetfeldern in das innere Sonnensystem eindringen. In den IBEX-Daten zeigte sich ein schmales Band, aus dem zwei- bis dreimal mehr Atome kommen als aus anderen Himmelsregionen. Die Forscher sahen in der Wechselwirkung des interstellaren Magnetfelds mit der Heliosphäre die Ursache für dieses Band. So konnten sie im Umkehrschluss aus der Orientierung des Bandes die Richtung des Magnetfelds in der Umgebung des Sonnensystems bestimmen. Das Ergebnis weicht um etwa 30 Grad von der Richtung ab, die sich aus der Polarisation des Sternenlichts ergeben hatte.

Jetzt präsentieren Mitglieder des IBEX-Teams weitere Ergebnisse, die diese Interpretation der Daten des Satelliten stärken. Nathan Schwadron von der University of New Hampshire und seine Kollegen haben modelliert, wie Magnetfeld und Heliosphäre den Zustrom hochenergetischer Teilchen beeinflussen. In ihr Modell geht entscheidend die aus den IBEX-Daten ermittelte Richtung des interstellaren Magnetfelds ein. Insgesamt haben die Forscher die Bahnen von zehntausend individuellen Partikeln der kosmischen Strahlung mit Energie im TeV-Bereich durch das lokale interstellare Magnetfeld und die Heliosphäre verfolgt.

Das interstellare Magnetfeld prägt, so das Ergebnis, der Verteilung der hochenergetischen kosmischen Strahlung eine Anisotropie im Promille-Bereich auf. Und eine solche Anisotropie findet sich für die kosmische Strahlung im TeV-Bereich tatsächlich in den kombinierten Daten der Detektoranlagen Milagro, Tibet AS-gamma und IceCube – mit nahezu identischer Orientierung wie in dem Modell von Schwadron und seinen Kollegen. Mit anderen Worten: Die Anisotropie der hochenergetischen kosmischen Strahlung liefert für das interstellare Magnetfeld die gleiche Richtung wie das von IBEX beobachtete Band der neutralen Atome. „Die Daten zur kosmischen Strahlung repräsentieren die höchsten Energien, die wir überhaupt messen können“, so Schwadron, „sie liegen im Vergleich zu den IBEX-Messungen am entgegengesetzten Ende der Energieskala. Das zeigt uns, dass das, was wir aus diesen Messungen lernen, korrekt ist.“

Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Forscher von der Raumsonde Voyager-1, die gerade die Heliosphäre verlässt und in den interstellaren Raum vordringt. Erste Messungen vor Ort zeigen zwar eine andere Richtung des Magnetfelds als die IBEX-Daten und die kosmische Strahlung. Aber das sei, so Schwadron und seine Kollegen, nicht unerwartet: Ihre Analyse liefere das großräumige Magnetfeld, während Voyager einen lokalen Wert liefere, der noch durch die Nähe zur Heliosphäre gestört sei.

Rainer Kayser

PH

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