17.03.2017

Kosmisches Radiowellen-Loch aufgespürt

ALMA misst Verteilung und Temperatur heißer Gase um Galaxienhaufen.

Mit dem Atacama Large Milli­meter/Submilli­meter Array ALMA konnten Astronomen nun zum ersten Mal erfolg­reich ein Radio-Loch um einen 4,8 Milliarden Lichtjahre entfernten Galaxien­haufen nachweisen. Das Bild hat die höchste Auflösung, mit der jemals ein solches Loch abgebildet werden konnte, das durch den Sunyaev-Zel'dovich-Effekt (SZ-Effekt) verursacht wird. Mit dem Bild stellt ALMA eindrucks­voll seine Fähigkeit unter Beweis, die Verteilung und Temperatur des Gases um Galaxien­haufen mit Hilfe des SZ-Effektes zu unter­suchen.

Abb.: Messung des SZ-Effekts im Galaxienhaufen RX J1347.5-1145 mit ALMA. Das Hintergrundbild wurde vom Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen. Die ALMA-Beobachtungen zeigen ein „Loch“, das durch den SZ-Effekt verursacht wird. (Bild: ALMA / ESO / NAOJ / NRAO, Kitayama et al., NASA / ESA Hubble Space Telescope)

Ein Forscher­team unter der Leitung von Tetsu Kitayama, an der Toho Univer­sität in Japan, und Eiichiro Komatsu, am Max-Planck-Institut für Astro­physik, untersuchten mit ALMA das heiße Gas in einem Galaxien­haufen. Das heiße Gas ist eine wichtige Komponente, um die Eigen­schaften und die Entwicklung der Galaxien­haufen zu verstehen. Auch wenn das heiße Gas selbst keine Radio­wellen ausstrahlt, die mit ALMA nachge­wiesen werden könnten, so streut es stattdessen die Radio­wellen des kos­mischen Mikro­wellenhinter­grundes und erzeugt eine Art Loch rund um den Galaxien­haufen. Dies wird als Sunyaev-Zel'dovich-Effekt bezeichnet.

Das Team beobachtete den Galaxien­haufen RX J1347.5-1145, der 4,8 Milliarden Licht­jahre entfernt ist. Dieser Galaxien­haufen ist bei Astro­nomen für seinen stark ausge­prägten SZ-Effekt bekannt und wurde schon oft mit Radio­teleskopen beobachtet. Diese Beobach­tungen zeigten eine ungleich­mäßige Verteilung des heißen Gases in diesem Haufen, die in Röntgen­beobachtungen nicht beobachtet werden konnte. Die Astronomen brauchten daher eine höhere Auflösung. Mit hoch­auflösenden Radiointer­ferometern konnte diese aber nur schwer erreicht werden, da das heiße Gas im Galaxien­haufen relativ gleichmäßig und über eine große Fläche verteilt ist.

ALMA nutzte das Atacama Compact Array, um diese Schwierig­keit zu überwinden. Diese Instal­lation bietet mit ihren kleinen Antennen und der dicht gepackten Antennen­konfigura­tion ein breiteres Gesichts­feld. Mit den Daten des Morita-Array können die Astronomen Radio­wellen von Objekten präzise messen, die sich über einen großen Winkel am Himmel erstrecken. So erhielt das Team ein Bild des SZ-Effektes von RX J1347.5-1145 mit einer doppelt so hohen Auflösung und zehnmal besserer Empfind­lichkeit als bisherige Beobach­tungen.

„Die neue ALMA-Beobach­tung bestätigt nicht nur die bisherigen Beobach­tungen, sondern liefert uns auch ein Bild mit der höchsten Auflösung und der höchsten Empfind­lichkeit. Damit wird eine neue Ära der Wissen­schaft mit dem SZ-Effekt eingeläutet“, sagt Eiichiro Komatsu. „Aufgrund der Diskrepanz zwischen den Radio- und den Röntgen­beobachtungen gehen wir inzwischen davon aus, dass dieser Galaxien­haufen gerade eine gewaltige Ver­schmelzung erlebt, und wir denken, dass einer der Gas­klumpen unglaub­lich heiß ist.“

MPA / JOL

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