Krebsbehandlung: Wegstrecke der Protonen sichtbar gemacht
Neues Verfahren gibt Aufschluss über die Reichweite des Protonenstrahls während der Bestrahlung.
Ziel der Protonen-Strahlentherapie gegen Krebs ist es, Tumorzellen abzutöten und das umliegende, gesunde Gewebe zu schonen. Bisher gibt es keine direkte Methode, um die Reichweite des Strahls während der Dosisabgabe abzubilden. Deshalb arbeiten Mediziner mit Sicherheitsabständen um den Tumor herum. Wissenschaftler um Prof. Aswin Hoffmann vom Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf und der TU Dresden ist es mit einem In-Beam-MRT-Prototyp gelungen, die Wegstrecke des Protonenstrahls in einem flüssigkeitsgefüllten Phantom zu visualisieren und die Reichweite des Protonenstrahls während der Bestrahlung aufzuzeigen.
Im Vergleich zu Photonen besitzen Protonen einen wichtigen Vorteil: Sie haben eine definierte Reichweite, also einen Punkt, an dem sie ihre maximale Energie abgeben. Diese Eigenschaft ermöglicht es, in der Protonen-Strahlentherapie die Strahlen im Tumorgewebe stoppen zu lassen, dort eine hohe Bestrahlungsdosis zu applizieren, und gleichzeitig die in das umliegende gesunde Gewebe eingetragene Dosis stark zu reduzieren. Daher wird die Protonen-Strahlentherapie vor allem zur Behandlung von Kindern, aber auch bei Erwachsenen mit Tumoren in der Nähe sehr strahlenempfindlicher Normalgewebe eingesetzt.
Zur Kontrolle der Dosisabgabe ist eine direkte Methode notwendig, die die Reichweite des Strahls im Verhältnis zur Anatomie des Patienten während der Dosisabgabe misst und abbildet. Da ein solches Verfahren bislang fehlt, werden bisher Sicherheitssäume um das Tumorgewebe eingebaut, was auch zur Bestrahlung von Normalgeweben führt und die maximal mögliche Dosis im Tumor einschränkt.
Seit 2016 forscht die Gruppe um Hoffmann an der technischen Integration von Magnetresonanztomographie und Protonentherapie. Mit einem In-Beam-MRT-Prototyp ist es Hoffmann und seiner Gruppe weltweit erstmalig gelungen, den Protonenstrahl in einem flüssigkeitsgefüllten Phantom zu visualisieren und mit dieser Methode die Reichweite des Protonenstrahls während der Bestrahlung aufzuzeigen.
„Das Ergebnis unserer Arbeit kann die Qualitätssicherung in der Protonentherapie maßgeblich verändern. Bislang wurden Messungen häufig indirekt gemacht, nun kann die Abbildung des Protonenstrahls direkt während Dosisapplizierung geschehen“, erklärt Hoffmann. „Mein Traum ist es, dieses Verfahren künftig für die Überwachung von Patientenbehandlungen einsetzen zu können.“
In der Studie wurde die Machbarkeit einer Visualisierung des Protonenstrahls in flüssigen Medien verdeutlicht. Wie vorhergesagt, zeigten die während der Bestrahlung aufgenommenen MRT-Bilder, dass die Eindringtiefe mit zunehmender Protonenenergie zunahm und so auch die Stärke des MRT-Signals mit zunehmendem Protonenstrom.
Die Ergebnisse geben Hoffnung, dass eine neue Dimension der Behandlung von Krebspatienten ermöglicht wird. Aktuell wird ein neues MRT-Großgerät im Institut für Radioonkologie des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf installiert. Mit diesem wird es erstmals möglich sein, Protonenbestrahlung und Echtzeit-MRT gleichzeitig durchzuführen und zudem die Richtung und Stärke des Magnetfelds relativ zum Patienten zu variieren. Hiermit könnte die Protonentherapie in einigen Jahren für bewegliche Tumoren noch präziser eingesetzt werden, um das gesunde Gewebe noch besser zu schonen und das Tumorgewebe mit einer höheren Dosis zu bestrahlen.
HZDR / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
S. Gantz et al.: Direct visualization of proton beam irradiation effects in liquids by MRI, Proc. Natl. Acad. Sci. U.S.A. 120, e2301160120 (2023); DOI: 10.1073/pnas.2301160120 - Oncoray – Institut für Radioonkologie, Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf