Kristallstrukturen in Super-Zeitlupe
Phasenübergang mit extrem hoher Auflösung gefilmt.
Mit lassen sich die Eigenschaften von Materialien gezielt verändern. Dieses Prinzip ermöglicht heute viele weitverbreitete Technologien wie etwa wiederbeschreibbare DVDs. Die zugrundeliegenden Prozesse laufen allerdings häufig extrem schnell und auf sehr kleinen Längenskalen ab und lassen sich daher bislang nicht direkt beobachten. Forschern der Uni Göttingen und des MPI für biophysikalische Chemie in Göttingen ist es jetzt erstmals gelungen, die Laser-Umwandlung einer Kristallstruktur mit Nanometer-Auflösung und in Zeitlupe in einem Elektronenmikroskop zu filmen.
Das Team um Thomas Danz und Claus Ropers nutzte dabei die außergewöhnliche Eigenschaft eines Materials, das aus atomar dünnen Lagen von Schwefel- und Tantal-Atomen aufgebaut ist. Bei Raumtemperatur ist dessen Kristallstruktur wellenförmig verzerrt – es bildet sich eine Ladungsdichtewelle. Bei höheren Temperaturen tritt ein Phasenübergang auf, bei dem die ursprüngliche Welligkeit schlagartig verschwindet. Auch ändert sich dabei drastisch die elektrische Leitfähigkeit, ein interessanter Effekt für die Nano-Elektronik. In ihren Experimenten riefen die Forscher diesen Phasenübergang durch kurze Laserpulse hervor und filmten die Reaktion der Ladungsdichtewelle.
„Wir beobachten die schnelle Ausbildung und das Wachstum von kleinsten Regionen, in denen das Material geschaltet wurde“, erläutert Danz. „Mit dem in Göttingen entwickelten ultraschnellen Transmissions-Elektronenmikroskop erreichen wir dabei die bisher höchste Zeitauflösung weltweit.“ Die Besonderheit des Experiments liege weiterhin in einer neu entwickelten Abbildungstechnik, welche speziell auf den beobachteten Phasenübergang empfindlich ist. Damit nehmen die Forscher Bilder auf, ausschließlich aus Elektronen entstehen, die an der Welligkeit des Kristalls gestreut wurden.
Ihre Herangehensweise erlaubt den Forschern grundlegende Einblicke in lichtinduzierte Strukturänderungen. „Wir sind bereits heute in der Lage, unsere Abbildungstechnik auf weitere Kristallstrukturen zu übertragen“, sagt Ropers. „So beantworten wir nicht nur fundamentale Fragen der Festkörperphysik, sondern eröffnen auch neue Perspektiven für optisch schaltbare Materialien in zukünftiger, intelligenter Nano-Elektronik.“
GAU / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
T. Danz et al.: Ultrafast nanoimaging of the order parameter in a structural phase transition, Science 371, 371 (2021); DOI: 10.1126/science.abd2774 - Nano-Optik und ultraschnelle Dynamik (C. Ropers), IV. Physikalisches Institut,Georg-August-Universität Göttingen
- Abt. Ultraschnelle Dynamik (C. Ropers), Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie, Göttingen