02.11.2006

Kühlendes Licht

Gleich drei unabhängige Forschergruppen stellen neue Varianten der Laserkühlung vor, mit denen sich Mikrospiegel effizient abkühlen lassen.



Gleich drei unabhängige Forschergruppen stellen neue Varianten der Laserkühlung vor, mit denen sich Mikrospiegel effizient abkühlen lassen.

Wien/Paris/Santa Barbara – Extrem kalt muss es sein, um physikalische Quanteneffekte zu beobachten. Damit man solche Effekte nicht nur wie bisher bei einzelnen Atomen, sondern in Zukunft auch bei makroskopischen Objekten beobachten kann, präsentieren gleich drei Forschergruppen aus Wien, Paris und Santa Barbara neue Varianten der Lichtkühlung mit Laserstrahlen. Wie sie in der Zeitschrift „Nature“ parallel berichten, konnte damit die Temperatur von winzigen Mikrospiegeln effizient gesenkt werden.

„Wir haben einen Selbstkühlungseffekt durch Strahlungsdruck bei leichten Mikrospiegeln beobachtet“, schreiben Anton Zeilinger und seine Kollegen von der Universität Wien. Der Schlüssel zu einem Kühleffekt von Raumtemperatur auf etwa minus 263 Grad Celsius liegt in der Dämpfung der thermischen Bewegung eines nur 400 Milliardstel Milligramm leichten und hochreflektierenden Mikrospiegels. Ähnlich wie eine Gitarrensaite hängten die Quantenphysiker diesen Spiegel frei schwingend auf. Nach klassischer Erfahrung verstärken einfallende Lichtteilchen typischerweise die thermische Bewegung und heizen damit ein Objekt auf. Doch unter speziellen Bedingungen konnten die Wissenschaftler jetzt den entgegengesetzten Effekt erzielen.

Abb.: Mikrospiegel: Diese elektronenmikroskopische Aufnahme zeigt einen der Mikrospiegel, wie sie die Arbeitsgruppe von Anton Zeilinger für die Experimente verwendet hat. (Quelle: IQOQI, Wien)

Dazu müssen die einzelnen Lichtteilchen – ausgesandt von einem Nd:YAG-Laser mit 1064 Nanometer Wellenlänge – zum exakt passenden Zeitpunkt auf dem Mikrospiegel auftreffen. Denn mit einer bestimmten Verzögerung der Photonen kann die Bewegung des Spiegels gedämpft werden. Dieses Prinzip ist vergleichbar mit einem Sprungbrett, dass ein Kunstspringer durch geschicktes Gegenfedern zur Ruhe bringen kann. In dem Wiener Experiment bildet der Mikrospiegel nun ein Ende eines optischen Resonators, der die Photonen reflektiert. Durch eine gezielte Abweichung von einer Resonanzanregung („Verstimmung“) nehmen die reflektierten Lichtteilchen immer einen kleinen Teil der Bewegungsenergie des Spiegels auf. Die Folge: Das makroskopische Objekt wird gekühlt. Mit dieser sich selbstständig regelnden Kühlung erreichten die Forscher Temperaturen um zehn Kelvin.

Eine vergleichbare Kühlung makroskopischer Objekte durch den dämpfenden Einfluss von Lichtstrahlung erreichte auch das Team um Pierre-Francois Cohadon an der Université Pierre et Marie Curie in Paris. Ihr Mikrospiegel wog sogar 190 Mikrogramm und konnte über die gezielt „verstimmten“ Photonen auf rund 20 Kelvin gekühlt werden. Umgekehrt zeigten sie auch, dass der Versuchsaufbau zum Aufheizen des Objekts auf bis zu 2000 Kelvin geeignet ist.

Um quantenphysikalische Effekte in einem makroskopischen Körper beobachten zu können, sind Temperaturen um zehn Kelvin allerdings noch zu hoch, da thermische Bewegungen die Messungen überlagern würden. Neben den rein passiven Laserkühlungen der Wiener und Pariser Forscher setzen amerikanische Forscher der University of California in Santa Barbara dagegen auf eine aktiv unterstützte Lichtkühlung mit einem zweiten, zusätzlichen Laser. Dirk Bouwmeester und Dustin Kleckner erreichten durch die exakte Messung der Schwingungseigenschaften ihres Mikrospiegels eine schnellere Dämpfung. Durch die optische Rückkopplung mit einem Beobachtungslaser (780 nm Wellenlänge) konnte ein zweiter Laser (980 nm Wellenlänge) besser auf eine effektive Dämpfung eingestellt werden. Damit erreichten sie Kühltemperaturen von nur noch 135 Millikelvin.

Um diese neuen Methoden der Laserkühlung einsetzen zu können, wollen alle Gruppen ihre Verfahren noch weiter verbessern und den Kühleffekt optimieren. Sie hoffen, dann nicht nur Quanteneffekte der Mikrospiegel messen zu können. Auch extrem genaue Messgeräte, beispielsweise für Waagen für die Masse einzelner Atome oder verbesserte Bewegungssensoren für den Nachweis von Gravitationswellen sollen mit den gekühlten Mikrospiegeln möglich sein. „Der Weg zu diesem Ziel ist lang, doch durch diese Ergebnisse nun gut vorgezeichnet“, beurteilt Khaled Karrai von der Ludwigs-Maximilian-Universität in München die Arbeiten in einem begleitenden Kommentar.

Jan Oliver Löfken

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