10.10.2011

Kundschafter im blauen Rauschen

Mit einer Kombination aus theoretischem Unterbau und Experimenten konnten Physiker der Brownschen Bewegung eines Teilchens ein Farbspektrum zuordnen.

Eine der Säulen der modernen theoretischen Physik ist die Brownsche Molekularbewegung. Wer Partikel in einer Lösung, beispielsweise Kaffeepulver in heißem Wasser, unter dem Mikroskop betrachtet, sieht eine Breakdance-Vorstellung im Miniaturformat. Unter der reglos erscheinenden Oberfläche tobt das Chaos. Das Zucken und Zappeln jedes einzelnen Teilchens lässt sich grundsätzlich nicht vorhersagen. Diese Bewegung ist nach dem schottischen Botaniker Robert Brown benannt, der Pollenkörnchen in Wassertropfen studierte und deren „Tanzfiguren" zuerst als Hinweis auf ihre Lebenskraft wertete. Die Bewegung nimmt mit steigender Temperatur zu; die wirksamen Kräfte werden dementsprechend als thermisch bezeichnet.

Abb.: Partikel im Fokus: So wirr die Bahnen der Brownschen Bewegung auch sein mögen, sie werden vom Experiment registriert. (Bild: A. Doyon und S. Jeney)

Ähnlich wie die Überlagerung von Radiowellen, kann man auch das unregelmäßige Zappeln der Moleküle als „Rauschen“ bezeichnen. Da Strahlungen mit unterschiedlichen Frequenzen einander ebenfalls überlagern können, „rauschen“ auch Lichtwellen. Kommt, wie beim Sonnenlicht, das vollständige Spektrum zusammen, entsteht weißes Licht. Fehlt ein Teil des Spektrums, sehen wir Farben. Einstein kam zu einer näherungsweisen Beschreibung, die auf der Annahme basierte, die Brownsche Molekularbewegung werde durch weißes Rauschen angetrieben.

Durch neuartige Messgeräte und Weiterentwicklungen der Mathematik kamen leichte Abweichungen zu Tage. Eine deutsch-schweizerische Forschungsgruppe stellte nun fest: Das Spektrum zeigt eine Verschiebung ins Blaue.

Dazu war es erforderlich, präzise Messgeräte mit optischen Fallen zu kombinieren. Ein Laserstrahl hielt dabei ein gelöstes Teilchen aufgrund seiner optischen Eigenschaften fest. Auf den eingefangenen Partikel wurden Detektoren mit einer Ortsauflösung angesetzt, die unterhalb des Nanometerbereichs lag. Zugleich konnte die Messung Zeiträume bis hin zu Mikrosekunden sichtbar machen.

So kann ein Teilchen einen Report über die thermischen Kräfte liefern, die in der Flüssigkeit wirken. Das hydrodynamische Gedächtnis der Flüssigkeit sorgt für eine Verzögerung der „Schwimmzüge“ des Teilchens im Lösungsmittel. Wer Milch im Kaffee bevorzugt, kennt den Effekt: Die Zugabe verteilt sich von selbst nur langsam, darum liegt der Löffel zum Umrühren neben der Tasse.

Möglicherweise wird das hydrodynamische Gedächtnis auf der Grundlage der Ergebnisse des Forscherteams für völlig neuartige Messverfahren nutzbar. Als Kernstück nanomechanischer Sensoren könnten von Lasern eingefangene Teilchen in Werkstoffwissenschaften oder Biomedizin Dienst tun, zum Beispiel als Kundschafter im Blut.

FAU Erlangen-Nürnberg / PH

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