Kunststoff in neuer 3D-Druck-Qualität
Verbundforschungsprojekt HP3D zur Herstellung von Kunstoffteilen startet in Jena.
Flexible Fertigungssysteme zur Herstellung individualisierter Produkte werden langfristig die modernen Produktionsszenarien bestimmen. Dazu zählen auch Systeme zur additiven Fertigung, dem 3D-Druck, mit ihrem Potenzial, klassische Zerspanungsverfahren zu substituieren. Sie ermöglichen die Herstellung von komplexen Geometrien mit individuellen Eigenschaften in kleinsten Stückzahlen. Dem Vorteil der außerordentlich hohen Flexibilität stehen jedoch noch verschiedene Nachteile gegenüber: Das Herstellen großer Bauteile erfordert kostenintensive Fertigungszeit und die dazu notwendigen, maschinenspezifischen Materialien sind in der Regel teuer und die Materialvielfalt an einsetzbaren Werkstoffen ist begrenzt im Vergleich zu den für die Serienfertigung üblichen Verfahren, wie zum Beispiel dem Spritzguss. Für viele Anwendungen stehen additive Fertigungstechnologien daher nur eingeschränkt zur Verfügung. Um sie weiter in Richtung Additive Manufacturing (3D-Druck in Serie) zu qualifizieren und neuartige Fertigungsmöglichkeiten zu erschließen, bedarf es demnach ihrer konsequenten Weiterentwicklung unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte.
Die Teilnehmer des ersten Arbeitstreffens von HP3D in der EAH Jena. (Bild: S. Mischke)
Dem widmet sich das Verbundprojekt HP3D, das letzte Woche mit dem ersten Treffen an der Ernst-Abbe-Hochschule EAH Jena startete. Im Projekt kooperieren die 3D Schilling GmbH, die Glamaco Engineering GmbH, die Granula Deutschland GmbH, die Mebitec Meerbuscher Informationstechnik GmbH, die Optris GmbH, die TU Ilmenau, das Fraunhofer Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung IFF sowie die EAH Jena.
Ziel des Vorhabens ist die Entwicklung einer hochproduktiven Anlage zur Herstellung von Teilen aus beliebigen thermoplastischen Kunststoffen. Durch die erstmalige Realisierung eines „echten“ dreidimensionalen additiven Verfahrens wird es möglich, festigkeitsoptimierte Teile herzustellen bei gleichzeitiger Berücksichtigung von Leichtbau-Aspekten. Durch den Einsatz von Multimaterialsystemen, dem Einsatz von zusätzlichen Funktionselementen gelingt es, eine Vielzahl von spezifischen Anforderungen in das Kunststoffteil zu integrieren.
Erreicht werden soll dies durch die Kombination von Industrierobotern mit speziellen Druckköpfen zu einem Anlagensystem, um mit Standard-Kunststoff-Granulat in einem strangweisen Schichtaufbau 3D-Bauteile zu generieren. Dazu wird ein System zur Offline-Programmierung, um die CAD-Daten des Bauteiles in Bewegungsabläufe des Roboters umzusetzen entwickelt. Dazu kommt die Entwicklung verschiedener Systemkomponenten, wie modulare Extruder, Spannsysteme, Temperiereinheiten, Module zur lasergestützten Nachbearbeitung, Messsysteme zur Prozessüberwachung sowie der Steuerung des Gesamtsystems zur Synchronisation der Handhabungseinheiten und Systemkomponenten.
Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens eröffnen für die Konstruktion und Herstellung von komplexen Kunststoff-Großteilen neue Möglichkeiten und Einsparpotenziale. Das belegen Abschätzungen, die auf Basis bestehender Vorarbeiten erfolgten. Die neuartige Funktionsintegration, wie Leitbahnen, Dämpfungselemente oder Federelemente, der Aufbau von komplexen Teilen mit beweglichen Einzelteilen sowie die Herstellung von massiven und großflächigen Kunststoffteilen ohne Treibmittel ermöglichen die Einführungen neuer und verbesserter Produkte in verschiedensten Marktsegmenten. Einsparungen ergeben sich beispielsweise aus dem Wegfall des aufwendigen Formen-/Werkzeugbaus – Stückkostensenkung bei Großteilen um zwanzig Prozent –, durch eine erhöhte Produktivität bei erzielbaren Aufbauraten von über zwei Kilogramm pro Stunde sowie die Realisierung von Leichtbaustrukturen (Verringerung der Material- und Energieeinsatz um rund sechzig Prozent).
Das Vorhaben wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms Forschung für die Produktion von morgen, Themenfeld Produktionsanlagen für Wachstumsmärkte gefördert. Die Projektbetreuung erfolgt durch den Projektträger Karlsruhe PTKA-PFT, Außenstelle Dresden.
EAH / OD