29.12.2014

Ladungsdichtemuster in Hoch-Tc-Supra­leiter identifiziert

Beziehung zwischen Quantenoszillationen unter Magnet­feldern mit der räum­lichen Ver­tei­lung der Ladungs­muster her­ge­stellt.

Ein internationales Forscherteam hat Ladungsdichtemuster in einem besonders reinen Hoch-Tc-Supraleiter identifiziert und damit gezeigt, dass dieses Phänomen eine allgemeine Eigenschaft in Hoch-Tc-Materialien ist. Zusätzlich konnten sie eine Beziehung zwischen Quanten­oszilla­tionen unter Magnet­feldern mit der räumlichen Verteilung der Ladungsmuster herstellen.

Abb.: Das Phasendiagramm zeigt, wie vielfältig und komplex die Phasen außerhalb des supraleitenden Zustands (SC) in den beiden unterschiedlichen Cupraten sind. (Bild: HZB)

Bis heute halten die Cuprate, die zur Klasse der keramischen Materialien gehören, den Temperaturrekord für Supraleitung, der inzwischen bei rund 130 Kelvin oder minus 140 Grad Celsius liegt. Klassische Supra­leiter dagegen zeigen diese Eigenschaft erst nahe dem absoluten Nullpunkt, bei minus 273 Grad Celsius. Hinter der Supra­leitung in den Cupraten steht eine Kopplung zwischen Ladungsträgern. Allerdings sind bei den keramischen Supraleitern selbst die nicht-supra­leitenden Zustände kaum verstanden, geschweige denn die Mechanismen bei der Paarung der Ladungs­träger. Deshalb sind auch fast dreißig Jahre nach Entdeckung der Hoch­temperatur­supra­leitung neue Einsichten in die Eigen­schaften der Cuprate aufregend.

Forscher kennen einen ganzen Zoo von Cupraten mit Abkürzungen wie LBCO, YBCO, LSCO, BSCO und chemischen Zusammensetzungen wie La2-xBaxCuO4, YBa2Cu3O6+δ, La2-xSrxCuO4, Bi2Sr2-xLaxCuO6+δ. In all diesen Materialien sitzen Kupfer- und Sauerstoff-Atome in Ebenen und bilden quasi-zweidimensionale Strukturen. Führt man Ladungsträger in die Cu-O-Ebenen ein, entsteht nicht einfach ein metallisches Verhalten, sondern es bilden sich komplexe und ungewöhnliche Phasen. Wie sich der supraleitende Zustand aus diesen exotischen Phasen heraus entwickelt, ist bis heute nicht erklärt.

Eines der Phänomene in Hoch-Tc-Cupraten ist die soge­nannte Ladungs­ordnung. Dabei bilden die Ladungs­träger, die in das keramische Material eingeführt wurden, um Leit­fähig­keit überhaupt erst zu ermöglichen, regelmäßige Streifenmuster innerhalb der Cu-O-Ebenen. Dies macht die Ladungs­träger weniger beweglich und behindert die Bildung des supra­leitenden Zustands. Ladungs­ordnung steht also im Widerspruch zur Supraleitung. Obwohl sie an einem Cuprat bereits 1995 beobachtet wurde, dauerte es lange, Ladungs­ordnung auch in anderen Cupraten nachzu­weisen und erst 2012 wurde das Phänomen in YBCO gefunden.

Unter Feder­führung der University of Minnesota hat nun ein internationales Forschungsteam auch in HgBa2CuO4 Ladungsordnung nachgewiesen und damit dieses offenbar universelle Verhalten bestätigt. HgBa2CuO4 ist ein Cuprat mit einer verhält­nis­mäßig einfachen Kristall­struktur und wird bei minus 175 Grad Celsius supraleitend.

Abb.: Kristallstrukturen von HgBa2CuO4+δ und YBa2Cu3O6. (Bild: HZB)

Darüber hinaus fanden die Forscher, dass die Ladungsordnung eng mit einer weiteren Eigenschaft des Materials zusammen­hängt: Ein äußeres hohes Magnetfeld zerstört die Supraleitung, dabei kann der elektrische Widerstand mit dem sich ändernden Magnetfeld periodisch steigen und sinken, es kommt zu Quanten­oszil­lationen. Die Wissenschaftler konnten nun erstmals eine Beziehung zwischen der Periode dieser Quantenoszillationen mit der räumlichen Periode der Ladungsordnung herstellen und damit zwei scheinbar unterschiedliche Phänomene miteinander in Beziehung setzen. Dies kann nun wiederum in die theoretische Beschreibung der komplexen Phänomene dieser Materialklasse einfließen und aufklären, wie unterschiedliche Effekte zusammenhängen und welche Effekte dabei dominieren.

Ein wichtiger Teil der Forschung wurde am XUV-Diffrak­tometer an BESSY-II am HZB durchgeführt, wo die besonders empfindliche Methode der resonanten weichen Röntgenstreuung zur Verfügung steht. Mit dieser Methode konnte bereits in einer Reihe von Materialien schwache Ladungs­ordnung nachgewiesen werden, in enger Zusammen­arbeit mit Wissenschaftlern des HZB, die die Instrumente an der UE46_PGM1 Beamline betreuen. „Nach Jahr­zehnten der Forschung rätseln wir immer noch über die ungewöhnlichen Zustände in Cupraten und wie sie sich zum Phänomen der Hoch­temperatur­supra­leitung verhalten”, sagt Eugen Weschke von der Abteilung Quanten­phänomene in neuen Materialien am HZB. „Die Beobachtung von Ladungs­ordnung in diesem besonders reinen Modellsystem fügt dem Gesamtbild ein wichtiges Puzzleteil hinzu und wir freuen uns, dass wir durch unsere Experimente am HZB dazu einen Beitrag leisten konnten.“

HZB / OD

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