Langlebige Plasmonen in tiefgekühltem Graphen
Experiment lotet Möglichkeiten der Plasmonik aus.
Indem man Lichtwellen in elektronische Plasmawellen umwandelt, kann man sie in Nanostrukturen einpassen und verarbeiten. Wie man diese Plasmonen möglichst langlebig macht und wovon ihre Lebensdauer abhängt, haben Forscher der Columbia University untersucht. Dimitri Basov und seine Mitarbeiter haben mit einem Infrarotlaser von elf Mikrometern Wellenlänge in einer tiefgekühlten Graphenschicht elektronische Plasmawellen angeregt. Anschließend wiesen sie optisch nach, wie weit sich diese Wellen ausbreiteten und wie schnell sie abklangen – in Abhängigkeit von der Temperatur und von der Dichte der Leitungselektronen in der Graphenschicht. Dabei erlebten sie einige Überraschungen.
Abb.: In einer Graphenschicht werden mit IR-Laserlicht über Goldnanoinseln und eine metallische Mikroskopspitze Plasmonen angeregt. Das entstehende Interferenzmuster der Plasmaschwingungen wird dann mit der Spitze sichtbar gemacht. (G. X. Ni et al. / NPG)
Die Graphenschicht war zwischen zwei Lagen aus hexagonalem Bornitrid eingeschlossen, die durch Van-
Auf der frei zugänglichen Oberseite der Heterostruktur waren einige mikrometergroße Goldinseln aufgebracht worden. Außerdem konnte die Oberseite mit der metallischen Spitze eines Rasterkraftmikroskops abgetastet werden. Traf der fokussierte Strahl des Infrarotlasers die Heterostruktur, so wirkten die Goldinseln und die Mikroskopspitze wie Antennen, die die Leitungselektronen im Graphen zu Schwingungen anregten, welche sich anschließend in der Graphenschicht ausbreiteten.
Diese Plasmaschwingungen oder Plasmonen hatten zwar die Frequenz des anregenden Lichts, doch sie breiteten sich nur etwa mit einem Hundertstel der Lichtgeschwindigkeit aus, sodass ihre Wellenlänge ebenfalls hundertmal kleiner war als die Lichtwellenlänge. Dadurch wird es möglich, Lichtwellen in plasmonischer Form gewissermaßen in Nanostrukturen hinein zu quetschen und dort elektronisch zu verarbeiten.
Allerdings ist die Lebensdauer der Plasmonen normalerweise auf einige Femtosekunden begrenzt. Außerdem gilt: Je stärker die Energie des Lichts in den Plasmonen komprimiert ist, umso schneller geht sie verloren und die Plasmaschwingungen klingen ab. Dafür sind vor allem die Energieverluste verantwortlich, die die schwingenden Elektronen bei Zusammenstößen mit Kristallgitterschwingungen oder Phononen erleiden. Aber auch durch Zusammenstöße untereinander verlieren die Elektronen Schwingungsenergie.
Abb.: Die von einer Goldnanoinsel ausgehenden Plasmonen kommen umso weiter in der gekühlten Graphenschicht voran je tiefer deren Temperatur und je größer die Gate-Spannung ist. (Bild: G. X. Ni et al. / NPG)
Wie sich die Plasmonen in der Graphenschicht ausbreiteten, konnten die Forscher ebenfalls mit Hilfe der Spitze des Rasterkraftmikroskops untersuchen. Dazu nutzten sie aus, dass die Spitze die unter ihr befindlichen Plasmaschwingungen in Licht umwandeln konnte, dessen Intensität mit einem Photodetektor gemessen wurde. Wie sich zeigte, bildeten die angeregten Plasmonen ein Muster aus stehenden Wellen. Dies kam durch Interferenz der Plasmawellen zustande, die von den Goldinseln und der Spitze ausgingen oder vom Rand der Graphenschicht reflektiert wurden.
An diesen Interferenzmustern konnten die Forscher ablesen, wie weit die Plasmawellen vorankamen bevor sie abklangen und verschwanden. Während die Wellen bei Zimmertemperatur nur ein Mikrometer weit kamen, konnten sie bei tiefen Temperaturen von sechzig Kelvin bis zu zehn Mikrometer zurücklegen, was fünfzig plasmonischen Wellenlängen entsprach. Ihre Lebensdauer im Graphen betrug dann 1600 Femtosekunden. Dies ist ein Rekord für alle Materialien, die bisher für die IR-
Wie detaillierte Messungen zeigten, nahm die Güte Q der Plasmaschwingungen – also das Verhältnis von Abklingzeit und Periodendauer – stetig zu, wenn die Temperatur der Graphenschicht verringert wurde. Bei sechzig Kelvin erreichte Q den Rekordwert 130. Über den untersuchten Temperaturbereich erwies sich die Güte proportional zur mittleren freien Weglänge der Elektronen.
Während bei Zimmertemperatur die Streuung der Elektronen an den Phononen im Graphen die Lebensdauer der Plasmonen bestimmte, dominierten bei tiefen Temperaturen die Energieverluste, die in der dielektrischen Siliziumdioxidunterlage auftraten. Diese Verluste lassen sich vermutlich verringern, indem man die dazwischen liegende Bornitridschicht dicker macht. Die erzielten Ergebnisse stimmen zuversichtlich, dass eine stickstoffgekühlte Graphen-
Rainer Scharf
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