30.04.2012

Laserbeschleunigung neutraler Teilchen

Frequenzmodulierte Laserinterferenzen erzeugen präzise Teilchenstrahlen mit Geschwindigkeiten von bis zu einigen hundert Metern pro Sekunde.

Eine große Herausforderung in Chemie und Physik besteht darin, niederenergetische und gleichzeitig möglichst monoenergetische Teilchenstrahlen herzustellen. Solche Strahlen setzt man in einer Vielzahl von Anwendungsgebieten ein, von ultrakalter Chemie über Streu- und Kollisionsexperimente bis hin zu Tunnel- und Resonanzeffekten. Physiker des University College London haben eine Methode entwickelt, neutrale Teilchen über ein zeitlich veränderliches Gitterpotenzial zu beschleunigen.

Abb.: Zwei hochintensive Infrarotlaser kreuzen sich unter einem Winkel von 172,5 Grad in einer magneto-optischen Falle mit Argon-Atomen. Das Interferenzgitter wird durch Frequenzmodulation beschleunigt und zieht die Argon-Atome mit sich. Zum Nachweis dient ein ionisierender optischer Laser. (Bild: P. F. Barker, UCL)

Die Forscher machen sich bei ihrer Methode die Eigenschaft zunutze, dass starke Felder eines Laserstrahls auch in neutralen Teilchen ein elektrisches Dipolmoment erzeugen können. Dies hängt von der Polarisierbarkeit eines Stoffes ab und ist ein Parameter, der unterschiedliche Beschleunigungsstärken erlaubt. So benutzten die Forscher neutrale Argonatome in einem metastabilen Zustand, der eine 27-fach größere Polarisierbarkeit besitzt als der Grundzustand.

Eine Wolke aus Argonatomen befand sich vor der Beschleunigung in einer magneto-optischen Falle. Zwei gegeneinander gerichtete Laserstrahlen kreuzten sich in dieser Wolke und erzeugten eine stehende Welle mit einem hinreichend starken Gitterpotenzial. Indem die Forscher nun die Laserfrequenz modulierten, konnten sie die stehenden Interferenzwellen präzise beschleunigen. Je nach Intensität des Laserstrahls wurde bis zu der Hälfte der Atome mitgerissen und „surften“ auf den Wellen des Gitterpotenzials. Nach der Beschleunigung wies man diese Atome mit Hilfe eines ionisierenden Lasers nach.

Die Beschleunigungsdauern betragen ungefähr 70 Nanosekunden. Metastabile Zustände, deren Halbwertszeiten über diesem Bereich liegen, können also gezielt selektiert werden. Bei einer sehr geringen radialen Geschwindigkeit konnten die Forscher bis zu knapp 200 Meter pro Sekunde Endgeschwindigkeit erreicht; und dies bei einer sehr geringen Geschwindigkeitsdispersion. Sie hoffen, mit Verbesserungen der Frequenzmodulation noch bis zu dreifach höhere Geschwindigkeiten zu erreichen.

Eine besondere technologische Herausforderung bei der neuen Methode liegt darin, die Intensität und Frequenz des Laserstrahls fein genug auf die zu beschleunigenden Moleküle abzustimmen. Da die Methode sehr universell ist, sollte sie nicht nur für Atome und Moleküle, sondern auch für Nanopartikel anwendbar sein. Das Prinzip ist auch nicht auf die Anwendung in magneto-optischen Fallen beschränkt. Vielmehr sind auch andere Anwendungen denkbar, wie etwa das Abbremsen von Molekülen aus schnellen Molekülstrahlen.

Dirk Eidemüller

OD

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