08.01.2015

Laserlicht streckt DNA-Stränge

Erbmaterial lässt sich in Nanoröhrchen per Thermophorese auf bis zu achtzig Prozent seiner Länge auseinander ziehen.

Desoxyribonukleinsäure, der Träger von Erbinformationen in Zellen, ist ein sehr langes Molekül. Würde man die DNA-Stränge einer einzelnen menschlichen Zelle der Länge nach aufrollen, wären sie etwa einen Meter lang. Um diese erstaunlich langen molekularen Fädchen im Zellkern zu verstauen, nutzt die Natur einen komplexen Verpackungsmechanismus, der hochgradig geordnete Bündel erzeugt. Wenn Forscher DNA analysieren, sollte sie jedoch besser in geraden Strängen vorliegen.

Abb.: Querschnitt durch den Nanochip. Der Nahinfrarot-Laser erwärmt einen schmalen Fleck (rot) auf der Absorberschicht, was die darüber befindliche DNA streckt. (Bild: J. N. Pedersen et al., DTU)

Für viele Anwendungen entfernt man deshalb zunächst das gesamte „Verpackungsmaterial“ an Histonen und anderen Proteinen, so dass die DNA schließlich als einfache molekulare Kette in Form einer Doppelhelix vorliegt. Aber auch dann nimmt das Erbmaterial nicht von selbst eine der Wissenschaft genehme Form an, sondern verschlingt sich in Lösung aufgrund der Brownschen Bewegung gerne in Knäueln – ganz wie eine lose Angelschnur. Je länger der DNA-Strang, umso größer üblicherweise die Knäuel.

Um mit dem Erbgut arbeiten zu können, bedienen sich Forscher einer Reihe unterschiedlicher Verfahren, bei denen zum Strecken der DNA-Stränge häufig Nanoröhrchen und unterschiedliche Salzkonzentrationen ins Spiel kommen. Nanoröhrchen haben sich deshalb bewährt, weil sie den DNA-Ketten eine Raumrichtung vorgeben, entlang derer sie sich leichter ausbreiten können. Es ist jedoch schwierig, einerseits sehr enge Nanoröhrchen herzustellen und andererseits lange DNA-Stränge in sehr enge Nanoröhrchen einzufädeln. Sehr hohe Salzkonzentrationen entsprechen nicht den üblichen biologischen Rahmenbedingungen. Methoden mit gegenläufigen Salzströmungen wiederum verlangen eine aufwändige Kontrolle, um die DNA-Stränge zu fixieren.

Biophysiker der Technischen Universität Dänemark in Lyngby haben nun ein Verfahren ersonnen, das diese Nachteile umgeht. Es arbeitet mit Hilfe der Thermophorese. Dieser auch Thermodiffusion genannte Effekt beschreibt die Bewegung von Teilchen in Lösung durch einen Temperaturgradienten, üblicherweise von heiß nach kalt. Das Prinzip der neuen Methode beruht darauf, DNA-Stränge zunächst in nicht allzu dünne Nanoröhrchen einzusperren und sie dann durch punktgenaue Erwärmung mit infrarotem Laserlicht in die Länge zu ziehen.

Abb.: Mit Hilfe eines Temperaturgradienten lässt sich die DNA deutlich auseinander ziehen. (Bild: H. Flyvbjerg, DTU)

Zu diesem Zweck entwickelten die Forscher ein spezielles Substrat, bestehend aus einer zirka einen Millimeter durchmessenden Glasschicht als Träger, in die zwei sehr dünne Schichten eingearbeitet waren. Die obere aus Polymethylmethacrylat war nur knapp über einen Mikrometer dick und beinhaltete die Nanoröhrchen. Deren Ausmaße betrugen 200 auf 250 Nanometer. Die zweite Schicht war nur gut einen halben Mikrometer dick und fungierte als Infrarot-Absorber, um die erste punktuell zu erwärmen.

Die Wissenschaftler befüllten dann die Nanoröhrchen mit DNA-Strängen. Aufgrund der engen geometrischen Verhältnisse führte bereits dies zu einer Streckung des Erbmaterials auf eine Länge von rund dreißig Prozent der Gesamtlänge. Die bereits in die Länge gezogenen Stränge erwärmten die Forscher dann leicht mit Hilfe eines Nahinfrarot-Lasers, wobei sie jeweils nur einen engen Fleck in der Mitte der Stränge aufheizten. Sie mussten auch darauf achten, die Proben nicht zu stark zu erhitzen, da sonst Konvektion eintreten könnte, die die DNA-Stränge wieder aus den Nanoröhrchen spült.

Mit den gewählten Parametern gelang es den Forschern aber, bereits bei lokalen Temperaturgradienten von nur acht Kelvin eine starke Streckung der DNA-Stränge zu erzielen. „Mit Hilfe lichtinduzierter lokaler Erwärmung konnten wir die DNA auf achtzig Prozent ihrer vollen Länge strecken, und das in eher weiten Nanoröhrchen“, sagt Henrik Flyvbjerg, der an der Theorie zum Experiment mitgearbeitet hat.

Die neue Methode liefert damit nicht nur einen interessanten Ansatz für lab-on-a-chip-Anwendungen und könnte als eine Art Vergrößerungsglas das Studium von Erbmaterial mit optischen Methoden erleichtern. Wie sich zeigte, konnten die Forscher auch die Kraft zum Spannen der DNA-Kette ermitteln: Sie betrug rund 130 Femtonewton. Damit ist dieser bei der Thermophorese in Nanoröhrchen gemessene Wert etwa um den Faktor elf größer als im Fall ungeordneter DNA-Knäuel in Lösung, die sich diesem Effekt gegenüber abschirmen.

Diese Werte bestätigen auch das thermodynamische Modell für Thermophorese. Hierzu gibt es mehrere unterschiedliche Erklärungsansätze. Noch sind die Daten aber nicht ausreichend, um konkurrierende Modelle auszuschließen.

Dirk Eidemüller

RK

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