15.03.2016

Lasern statt Löten

Lasergesteuertes Verbinden von Ruthenium und Aluminium kann Löten von Elektronikbauteilen ersetzen.

Auf den Mikroprozessoren von Smartphones befinden sich zahlreiche winzige Lötpunkte. Sie verbinden die integrierten Schaltkreise mit dem Elektronik­system und leiten den Strom hindurch. Da Mobilgeräte heute immer flacher, aber auch leistungs­fähiger werden, können sie bei intensivem Betrieb erheblich erhitzen. Dann werden ihre winzigen Lötpunkte zur Schwach­stelle im System. Material­forscher der Universität des Saarlandes haben jetzt mit Kollegen in Helsinki ein neues Material entdeckt, das solche Bauelemente und Werkstoffe durch eine blitzartige chemische Reaktion zusammenzufügen kann.

Abb.: Schematische Darstellung der physikalischen Prozesse während der selbstfortschreitenden Reaktion (Bild: U. Saarland)

Elektronische Bauelemente werden immer kleiner und müssen gleichzeitig vielfältig miteinander vernetzt werden. In flachen Mobilgeräten etwa sind Millionen von kleinsten Rechen- und Speicher­einheiten im Nano­meter­bereich angeordnet. „Die elektronischen Schaltungen in Handys oder Tablets sind ein äußerst komplexes, drei­dimensionales Gebilde, das wie ein zentrales Nervensystem alle Funktionen steuert“, sagt Frank Mücklich, Professor für Funktions­werkstoffe der Universität des Saarlandes und Leiter des Steinbeis-Forschungs­zentrums für Werkstofftechnik (MECS). Die elektronischen Bauelemente werden bisher in Öfen bei Temperaturen von einigen hundert Grad Celsius miteinander verlötet. Die Legierungen der Lötpunkte müssen bei mäßiger Hitze schmelzen und wieder erstarren, um die empfindlichen Schalt­kreise nicht zu zerstören. „Wird das Smartphone jedoch später im intensiven Betrieb zu heiß, beginnen sich diese Lötpunkte durch Korrosion zu zersetzen, das Gerät fällt dann rasch aus“, erklärt Mücklich.

Gemeinsam mit Wissenschaftlern in Helsinki hat sein Team daher nach anderen Möglichkeiten gesucht, um Metalle in der Dimension von wenigen Nano­metern miteinander zu verbinden. „Wir legen dafür mehrere hauchdünne Schichten von Aluminium und Ruthenium übereinander, die tausendmal flacher sind als ein menschliches Haar. Wenn darauf ein kurzer intensiver Laserstrahl trifft, wird in der Nanometer-Schicht eine hohe Energiemenge freigesetzt, die sich mit einer Geschwindigkeit von zehn Metern pro Sekunde ausbreitet und bis zu 2000 Grad Celsius erreichen kann“, erklärt Mücklich. Durch die kurzzeitige enorme Hitze werden die benachbarten Bauteile miteinander fest verbunden, die integrierten Schaltkreise aber nicht beschädigt. Das dabei entstehende Material heißt Ruthenium-Aluminid. Es verbindet die Bauteile als dünne Zwischenschicht, so wie bisher die Lötpunkte. Durch die chemische Reaktion, bei der abrupt viel Energie frei wird, nimmt es jedoch eine exakte, gleichmäßige Kristallstruktur an. Dies konnten die Material­forscher sowohl in verschiedenen Experimenten als auch durch eine detaillierte Simulation der Atom­bewegungen zeigen. „Diese homogene Schicht verbindet die Materialien fest miteinander und bleibt wegen des hohen Schmelzpunktes im Gegensatz zur Löt­verbindung auch dann noch stabil, wenn sich das ganze System stark erwärmen sollte“, erläutert der Material­wissenschaftler.

„Im Vergleich zu Nickel-Aluminid, das von anderen Forschern bereits untersucht wurde, hat unser Verfahren den Vorteil, dass die Zwischen­schicht durch die Reaktion nicht spröde wird und damit auch mechanisch äußerst belastbar ist“, sagt Mücklich. Da man ohne die gleichmäßige Hitze eines Schmelzofens auskommt, lassen sich mit der neuen Methode empfindliche Elektronik-Bauteile auf engstem Raum miteinander verbinden. „Durch den Laserimpuls können wir die chemische Reaktion der Ruthenium-Aluminium-Schicht an wenigen Punkten auslösen und so steuern, dass auf winzigen Flächen kurzzeitig eine starke Hitze entsteht und nur wenige Mikro­meter weiter normale Zimmer­temperaturen herrschen“, nennt Mücklich als weiteren Vorteil. Diese flexible Steuerung mache das Verfahren auch für Bauteile interessant, bei denen Metalle mit Kunststoffen oder Verbund­materialien verbunden werden müssen, etwa in der Automobil- und Flugzeug­industrie. „Man könnte die verbindende Schicht zum Beispiel so aufbauen, dass die Wärme sowohl das Metall als auch den sich völlig anders verhaltenden Verbund­werkstoff mit der jeweils passenden Energie­menge aufschmilzt. Dann könnte man, wie wir vermuten, beide blitzartig miteinander verschweißen“, erklärt der Saarbrücker Forscher.

In weiteren Untersuchungen soll es nun darum gehen, die Komponenten von Ruthenium- und Aluminiumatomen geometrisch so aufzubauen, dass man alle gewünschten Eigenschaften wie auf Knopf­druck abrufen kann. „Wir gehen davon aus, dass man damit viele hitze­empfindliche Bauteile schonend und gleichzeitig extrem rasch zusammenfügen kann. Es wird aber auch dabei helfen, ganz unterschiedliche Materialien miteinander zu verbinden, bei denen man bisher mit Schweißen, Löten oder Kleben keine befriedigenden Ergebnisse erzielen konnte“, sagt Frank Mücklich.

U. Saarland / DE

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