28.07.2015

Lebende Zellen als Laser

Anregung einer kohärenten Lichtemission dank implantierter Hohlraumresonatoren – mögliche Anwendung in Tumor- und Immunsystemforschung.

Feste, flüssige und gasförmige Medien lassen sich zum Aussenden von Laserlicht nutzen. Nun schafften es parallel zwei Forschergruppen in Schottland und den USA, sogar lebende Zellen zu winzigen Laserquellen umzuwandeln. Diese Ansätze werden nicht in Konkurrenz zu etablierten Lasertechniken treten. Doch bieten sie für die Medizin herausragende Möglichkeiten, um die Bewegung einzelner Tumor- oder Immun­abwehr­zellen zuverlässig verfolgen und deren Eigenschaften besser untersuchen zu können.

Abb.: Über eine Lichtfaser wird angeregendes Laserlicht in die Fettzellen einer Schweinehaut geleitet und emittiertes Laserlicht wieder aufgefangen. (Bild: M. Humar, S. H. Yun)

„Jeder Mensch trägt Millionen von Lasern in seinem Fettgewebe, die nur noch darauf warten, aktiviert zu werden“, sagt Matja Humar vom Wellmann Center for Photomedicine an der Harvard Medical School in Cambridge. Von diesem Ziel, dessen Nutzen durchaus in Frage gestellt werden kann, sind die Forscher allerdings noch weit entfernt. Doch eine neue Methode zur Untersuchung von wichtigen Prozessen in der Biomedizin lockt allemal.

Abb.: Mikroskopaufnahme einer Zelle mit Öltropfen, der als Mikroresonator wirkt. (Bild: M. Humar, S. H. Yun)

Zusammen mit seinem Kollegen Seok Hyun Yun kultivierte Humar verschiedene Tumorzelltypen. In diese injizierten sie geringe Mengen eines Polyphenyletheröls (PPE) mit geringer Viskosität und einem Brechungsindex von n=1,69. Die mit einem Fluoreszenz­farbstoff angereicherten Öltropfen mit Durchmessern zwischen 4 und 20 Mikrometern dienten in der Zelle als optische Mikro­resonatoren. Angeregt mit schwachen und kurzen Laserpulsen von (535 Nanometer, 5 Nanosekunden) konnten die Forscher eine Emission von rotem Laserlicht beobachten. Diese Versuche wiederholten sie mit Fettzellen. Über das variable Emissions­spektrum zwischen 605 und 625 Nanometern Wellenlänge konnten sie auf Änderung des Zellinnendrucks mit einer Empfindlichkeit von 20 Piconewton pro Quadrat­mikrometer schließen.

In einer zweiten Versuchsreihe nutzten Humar und Yun winzige Kunstoffkügelchen aus fluoreszierendem Polystyrol mit Durchmessern bis zu 20 Mikrometern. Diese lagerten sie in Makrophagen und in einzelne Tumorzellen ein. Traf Laserlicht auf diese Kügelchen, leiteten sie das Licht auf einer Kreisbahn entlang ihrer Oberfläche (whispering gallery mode resonator). Kontinuierlich gepumpt mit Licht bei 455 Nanometern Wellenlänge ließ sich eine Laseremission mit mehreren Banden im grünen Spektral­bereich beobachten. Jede beobachtete Laser-Zelle zeigte dabei ein individuelles Emissions­spektrum.

Abb.: Mikroskopaufnahme von Zellen mit Plastikkügelchen. Das individuelle Spektrum des emittierten Laserlichts kann zur Identifikation der Zellen dienen. (Bild: M. Humar, S. H. Yun)

Dieses Ziel erreichte auch die Forschergruppe um den deutschen Physiker Malte Gather an der University of St. Andrews in Fife, die ihre Ergebnisse jedoch wenige Wochen vor Humar und dessen Mitarbeitern publizierten. Gather und Kollegen fütterten unter anderem menschliche Fresszellen des Immun­systems (Makrophagen) mit bis zu zehn Mikrometern kleinen Kügelchen aus Polystyrol-Divinylbenzol, die mit einem grün fluoreszierenden Farbstoff versetzt waren. Wurden diese Whispering-Gallery-Resonatoren optisch angeregt (470 Nanometer, 0 bis 3 Nanojoule), reagierten die Laserzellen ebenfalls mit einer Licht­emission im grünen Spektralbereich. Analog zu den Ergebnissen ihrer amerikanischen Kollegen variierte dieses Emissions­spektrum in Abhängigkeit von Größe und Brechungsindex der Plastik­kügelchen.

Da Malte Gather und Seok Hyun Yun vor vier Jahren noch gemeinsam an dem Konzept von Laserzellen gearbeitet haben, sind die Parallelen zwischen den beiden aktuellen Arbeiten nicht überraschend. Wer bei der weiteren Entwicklung die Nase vorn haben wird, lässt sich heute noch nicht absehen. Gewinner werden vor allem Mediziner und Mikrobiologen sein, die in Zukunft dank der individualisier­baren Laser­emission einzelne Zellen über lange Zeiträume verfolgen und selbst nach zytologischen Veränderungen wieder identifizieren könnten. So könnte dieses „cell-tagging“ durchaus zu einem besseren Verständnis bei der Ausbreitung von Tumorzellen oder bei den Zell­aktivitäten der Immunabwehr liefern.

Jan Oliver Löfken

DE

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