LEDs schaden womöglich van Gogh-Gemälden
Warnung vor Nachdunkeln der gelben Farbe in vielen der Meisterwerke.
Ein international besetztes Forscherteam hat mit Hilfe von Röntgenexperimenten herausgefunden, warum einige helle Gelbtöne in Vincent van Goghs Gemälden mit der Zeit braun geworden sind, während das bei anderen nicht der Fall war. Die Forscher beschäftigten sich mit dem von van Gogh bevorzugten Chromgelb, das er zum Malen von Sonnenschein und Licht verwendete.
Abb.: Van-Gogh-Gemälde „Ufer der Seine“ (1887): Unter anderem winzige von diesem Bild entnommene Proben brachten die Forscher auf die Spur des Nachdunkelns. (Bild: DESY)
Bei ihren Experimenten, die unter anderem bei DESY durchgeführt wurden, stellten sie fest, dass eine bestimmte Art Gelb besonders durch Einwirkung von grünem und blauem Licht nachdunkelte. Die Wissenschaftler empfehlen den Museen, alle Bilder mit diesem Gelb zu ermitteln und sie vor der in Museen immer häufiger verwendeten LED-Beleuchtung zu schützen, da diese viel blaues Licht enthält.
Die Forschergruppe aus Italien, Belgien, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland hat entdeckt, dass insbesondere die hellen Gelbtöne in van Goghs Gemälden für das Nachdunkeln anfällig sind. Eine chemische Reduktion von Chrom, Hauptbestandteil der Farbpigmente, ist dafür verantwortlich. Die Forscher konnten sich jedoch die Ursache für die Reduktionsreaktion und den unterschiedlichen Grad des Nachdunkelns bei den einzelnen Gemälden nicht erklären.
Die Wissenschaftler analysierten eine große Zahl von van-Gogh-Gemälden aus drei Museen aus den Niederlanden und Frankreich mit Röntgenlicht und stellten fest, dass van Gogh nicht immer die gleiche Art Chromgelb verwendet hat. Zur Bestätigung dieser Ergebnisse wurden darüber hinaus Originale von van Gogh und Cézanne aus dem 19. Jahrhundert untersucht. Die entscheidenden Experimente mit Farbstückchen von der Größe eines Staubkorns aus van Gogh-Gemälden wurden an den Synchrotronstrahlungsquellen ESRF in Grenoble und bei DESY in Hamburg durchgeführt, außerdem in Kulturerbe-Instituten in Italien und den Niederlanden.
Außer dem damals üblichen Bleichromat bzw. „Mittelgelb“, das chemisch relativ stabil ist, benutzte van Gogh auch gerne „Zitronengelb“ und „Primelgelb“. Einige dieser damals unüblichen Farbarten erwiesen sich unter Lichteinwirkung aufgrund ihrer unterschiedlichen Kristallstruktur beziehungsweise ihrem höherem Schwefelanteil als recht reaktionsfreudig. Je mehr Schwefel in den Chromgelb-Pigmenten enthalten ist desto instabiler werden sie.
Bei Labortests mit verschiedenen Chromgelb-Farbproben wurden solche mit instabilen Komponenten nach einigen Tagen unter grün-blauem Licht braun bzw. olivgrün. Normales Chromgelb hingegen behielt seine Farbe auch unter Bestrahlung mit wesentlich schädlicherem UV-Licht, und das über einen längeren Zeitraum.
„Wir fanden die instabilen Formen von Chromgelb in vielen bedeutenden Bildern wie dem Portrait von Gauguin und den Sonnenblumen in einer Vase aus dem Museum in Amsterdam“, sagt Letizia Monico, Chemikerin in Perugia und Antwerpen, die unter deren Federführung die Untersuchungen stattfanden.
„Da wir wissen, dass sowohl van Gogh als auch Paul Cézanne das stabile und auch das instabile Chromgelb benutzt haben, empfehlen wir den Museen, die solche Bilder besitzen, zu prüfen, ob das instabile Chromgelb verwendet wurde und, wenn nötig, die Beleuchtung zu wechseln“, erklärt Teamkoordinator Koen Janssens von der Universität Antwerpen.
Constanza Miliani (CNR, Italien) sagt, dass die Forscher „überrascht waren, dass einige der getesteten Proben bereits sehr schnell Farbveränderungen aufwiesen unter Lichtverhältnissen, die normalerweise als sicher gelten.“
Bruni Brunetti (Universität Perugia) ergänzt: „Wir konnten zeigen, dass die Museen selbst schon mit recht einfachen Geräten, die die Reflexion von ausgestrahltem Infrarotlicht nutzen, bestimmen können, welche Art Chromgelb in den ausgestellten Gemälden verwendet wurde.“
Ella Hendriks, Leiterin der Restaurierungsabteilung des van Gogh Museums in Amsterdam fasst zusammen: „Diese Studien sind sehr wichtig um Museumskuratoren darauf aufmerksam zu machen, dass ein stetiger Abbau bei manchen empfindlichen Materialien sogar unter Tageslichtbedingungen stattfindet. Die Museen sollten sich über mögliche Schädigungen durch die neuen LED-Lichtsysteme, die heute gerne für die Beleuchtung der Sammlungen verwendet werden, im Klaren sein.“
DESY / PH