05.07.2019 • Energie

Leistungselektronik für die Energiewende

Zentrum für Leistungselektronik und nachhaltige Netze in Freiburg eingeweiht.

Das Fraunhofer-Institut für solare Energiesysteme in Freiburg hat am 4. Juli sein neues Zentrum für Leistungs­elektronik und nachhaltige Netze eingeweiht. Mit einem eigenen 110 kV- Hochspannungs­anschluss und einer Leistung von 40 MVA verfügt das Labor­zentrum über eine weltweit einzigartige Forschungs­infra­struktur. So wird es den gestiegenen Anforderungen an die Leistungs­elektronik als Schlüssel­techno­logie der Energie­wende gerecht.

Abb.: Im Multi-Megawatt-Labor werden Komponenten und Systeme bis zu zehn...
Abb.: Im Multi-Megawatt-Labor werden Komponenten und Systeme bis zu zehn Megavoltampere getestet. (Bild: D. Mahler, Fh.-ISE)

„Im Energiesystem der Zukunft, in dem statt weniger großer Kraftwerke viele Wind- und Solar­anlagen mit fluktuie­render Erzeugung ins Netz einspeisen, wird die Leistungs­elektronik auf allen Netzebenen zu einem dominie­renden Baustein. Wir benötigen neuartige Komponenten und Funktionen, damit Wechsel­richter die Stromnetze der Zukunft zuverlässig und sicher regeln und stabili­sieren können“, erklärt Hans-Martin Henning, Leiter des Fraunhofer-ISE. Zu den Heraus­forderungen gehört vor allem die Entwicklung neuartiger Komponenten und Systeme für die Leistungs­elektronik mit deutlich erweiterten Eigen­schaften. Dafür werden in zunehmendem Maß Silizium-Karbid- und Gallium-Nitrid-basierte Leistungs­halb­leiter eingesetzt. Diese arbeiten mit hohen Takt­frequenzen und ermöglichen dadurch höhere Leistungs­dichten.

Auch neue Netzdienstleistungen werden erforscht, insbesondere hinsichtlich der Stabilität von zukünftigen, wechsel­richter­basierten Netzen. Nicht zuletzt stehen Prüf­ver­fahren zur Netz­dien­lich­keit von Wechsel­richtern im Vordergrund, wie beispiels­weise zur Spannungs- und Frequenz­haltung. Weitere Eigen­schaften wie die aktive Bekämpfung von Resonanzen in Kraftwerken und Stromnetzen oder die spannungs­bildenden Eigen­schaften von Wechsel­richtern werden in naher Zukunft ebenfalls wachsende Bedeutung erlangen.

Drei Labors decken die verschiedenen Bereiche der Leistungs­elektronik ab: Im Power Converters Lab werden Systeme für den Nieder­spannungs­bereich entwickelt, wie beispielsweise für PV-Anlagen, Batterien, Elektro­mobilität und Luftfahrt. Im Medium Voltage Lab wird Leistungs­elektronik für den Mittel­spannungs­bereich entwickelt und getestet. Ein speziell einge­richtetes Labor ermöglicht den Betrieb von Mittel­spannungs­systemen mit einer Leistung bis zu 20 MVA. Im Multi-Megawatt Lab können parallele Versuche durchgeführt werden. Die verschiedenen Prüffelder ermöglichen den Betrieb von bis zu 10 MVA und 1000 V, beispiels­weise von Windkraft-Anlagen, großen Batterie­speichern oder BHKWs. Die insgesamt anliegende Leistung von 40 MVA entspricht der Anschluss­leistung einer Kleinstadt von etwa 50.000 Einwohnern. Das Zentrum verfügt dabei über einen eigenen Forschungs­anschluss, der komplett vom Netz des umliegenden Industrie­gebiets getrennt ist. Ergänzt wird die Infrastruktur durch das noch im Aufbau befindliche Digital Grid Lab für Simulationen von Last­profilen und Energie­management­systemen, das im Haupt­gebäude des Fraunhofer-ISE als Weiter­entwicklung des heute dort beheimateten Smart Energy Lab entsteht. Im Digital Grid Lab wird das Fraunhofer-ISE seine Kompetenzen im Bereich Netz­simulation und Echtzeit­kommunikations­umgebungen erweitern und das Verhalten von Geräten oder Anlagen an Netzknoten­punkten ausführlich unter­suchen können.

Mit dem unabhängigen TestLab Power Electronics kann das Fraunhofer-ISE seinen Industrie­kunden am neuen Standort nun Entwicklung, Tests, Ertüchtigung und Zertifi­zierung von Komponenten und Systemen bis in den Multi­megawatt- und den Mittel­spannungs­bereich anbieten. Eine speziell ausgelegte „Over and Under Voltage Ride Through“-Anlage erlaubt die dynamische Variierung der Spannung, um partikulare Netz­situationen wie Über- oder Unter­spannungen zu simulieren oder Situationen mit besonderen Netz­impedanzen nach­zu­bilden.

Mit vier verschiedenen Prüffeldern und voneinander unabhängigen Trans­forma­toren können mehrere Aggregate parallel getestet, aber auch zum Verbund­betrieb in Mikro-Grids zusammen­geschaltet werden. „Damit können wir zukünftige Forschungs­themen wie beispiels­weise wechsel­richter­basierte Netze, hybride Strom­versor­gungen und große Speicher­systeme adressieren“, so Olivier Stalter, Geschäfts­bereichs­leiter Leistungs­elektronik, Netze und intelligente Systeme am Fraunhofer-ISE.

Für das Vorhaben wurden vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, vom Bundes­ministerium für Bildung und Forschung sowie vom Bundes­ministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit  etwa zehn Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das Fraunhofer-ISE investierte weitere fünf Millionen Euro in das neue Labor.

Fh.-ISE / RK

Weitere Infos

 

Sonderhefte

Physics' Best und Best of
Sonderausgaben

Physics' Best und Best of

Die Sonder­ausgaben präsentieren kompakt und übersichtlich neue Produkt­informationen und ihre Anwendungen und bieten für Nutzer wie Unternehmen ein zusätzliches Forum.

Veranstaltung

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Die neue Kongressmesse für Quanten- und Photonik-Technologien bringt vom 13. bis 14. Mai 2025 internationale Spitzenforschung, Industrieakteure und Entscheidungsträger in der Messe Erfurt zusammen

Meist gelesen

Themen