28.11.2024

Leuchtendes Holz

Neuen Funktionalitäten für eine nachhaltigere Nutzung von Laubholz.

Um Klimawandel und Borken­käfer zu trotzen, werden vermehrt Laubbäume gepflanzt. Deren Holz sollte möglichst mehrfach und lange verwendet werden, bevor es als Brennholz endet und das gespeicherte COwieder in die Atmo­sphäre freisetzt. Derzeit wird das anfallende Laubholz allerdings noch zu häufig direkt energetisch genutzt. Innovative Ideen für eine nachhaltigere Kaskadennutzung sind also gefragt. Eine Möglichkeit ist, das Naturmaterial mit neuen Eigenschaften – technisch ausgedrückt: Funktionalitäten – auszustatten und es etwa in magnetisches, wasser­dichtes oder strom­erzeugendes Holz zu verwandeln.

Abb.: Holzproben, die mit dem Hallimasch-Pilz Desarmillaria tabescens behandelt...
Abb.: Holzproben, die mit dem Hallimasch-Pilz Desarmillaria tabescens behandelt wurden, leuchten grün in der Dunkelheit.
Quelle: Empa

Derzeit verfolgt das Team um Pilzforscher Francis Schwarze vom „Cellulose & Wood Materials“-Labor der Empa in St. Gallen eine weitere Idee für ein neuartiges Komposit­material auf Basis von Laubholz: leuchtendes Holz. Neben Anwendungen im technischen Bereich könnte das Leuchtholz zu Design­möbeln oder Schmuck verarbeitet werden. Gelungen ist dies dank eines Schmarotzers: Der Hallimasch-Pilz ist ein Erreger der Weißfäule bei Bäumen und damit eigentlich ein Holzschädling. Manche Arten produzieren den Naturstoff Luciferin, der in einem zweistufigen enzymatischen Prozess zum Leuchten angeregt wird. Von Pilzfäden durchzogenes Holz strahlt daher ein grünes Licht aus.

„Natürlich leuchtendes Holz wurde das erste Mal vor rund 2400 Jahren durch den griechischen Philosophen Aristoteles beschrieben“, sagt Francis Schwarze. Genau genommen lässt sich das verwobene Gebilde aus Pilz und Holz als natürliches Biohybrid bezeichnen, eine Kombination von lebenden Materialien. „Künstlich erzeugt wären derartige Komposit­materialien für viele Anwendungs­arten interessant“, sagt er. Doch was der Natur scheinbar mühelos gelingt, war für die Biotechnologie bisher eine große Herausforderung. Nun ist es gelungen, den Prozess unter kontrollierten Bedingungen im Labor zu induzieren und zu steuern. Die Leuchtpilze hat Bio­technologe Francis Schwarze in der Natur aufgespürt, im Labor analysiert und ihren genetischen Code entziffert. Als besonders leistungs­stark entpuppte sich der Ringlose Hallimasch (Desarmillaria tabescens). Nach Vorversuchen mit verschiedenen Holzarten startete Schwarze mit Balsaholz (Ochroma pyramidale), einem Holz mit besonders geringer Dichte.

Mittels Spektroskopie beobachteten die Forschenden, wie der Pilz in den Balsaholz-Proben Lignin abbaut, das für Steifigkeit und Druck­festigkeit verantwortlich ist. Dass damit die Stabilität des Holzes jedoch nicht verschwindet, zeigten Röntgen-Diffraktions­analysen: Die Cellulose, die im Holz für Zugfestigkeit sorgt, blieb intakt. Maximale Leuchtkraft erreicht das Biohybrid aus Pilz und Holz, wenn es drei Monate im Brutschrank inkubiert wurde. Dabei liebt es Desarmillaria besonders feucht: Die Balsaholz-Proben nahmen in dieser Zeit das Achtfache ihres Gewichts an Feuchtigkeit auf. Beim Kontakt mit Luft beginnt schliesslich die Enzym­reaktion im Holz.

Das Leuchten entfaltet seine ganze Pracht nach zehn Stunden, wobei grünes Licht mit einer Wellenlänge von 560 Nanometer abgestrahlt wird, wie Giorgia Giovannini vom „Biomimetic Membranes and Textiles“-Labor bei Fluoreszenz­spektroskopie-Analysen ermittelte. Derzeit hält der faszinierende Prozess rund zehn Tage an. „Jetzt optimieren wir die Labor-Parameter, um die Leuchtkraft künftig weiter zu steigern“, so der Forscher.

Empa / JOL

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