Leuchtendes Silizium
Elektronik und Silizium, das passt zusammen wie Butter und Brot. Zu gern würde man aus einem Silizium-Wafer nicht nur Mikrochips bauen, sondern auch kleine Laser und Leuchtdioden.
Elektronik und Silizium, das passt zusammen wie Butter und Brot, Silizium und Licht, das funktioniert nicht, heißt es in der Halbleiterindustrie. Zu gern würde man aus einem Silizium-Wafer nicht nur Mikrochips bauen, sondern auch kleine Laser und Leuchtdioden, um optische Signale verarbeiten zu können. Doch bislang muss man andere, zum Teil giftige Halbleiterverbindungen wie Gallium-Arsenid oder Indium-Phosphid für die Lichterzeugung einsetzen. Ein neues Verfahren zur Selbstorganisation von Silizium beflügelt jetzt wieder die Hoffnung, Photonik und Elektronik auf Silizium zu verheiraten. Margit Zacharias vom Max-Planck-Institut für Mikrostrukturphysik hat Nanokristalle auf einem Silizium-Wafer gezüchtet, die rotes Licht aussenden können.
Praktisch an dem neuen Verfahren ist, dass es fast von allein funktioniert. Die Max-Planck-Forscher haben auf einem Silizium-Wafer abwechselnd ultradünne Lagen aus Siliziumdioxid und Siliziummonoxid abgeschieden. Anschließend legten sie die Sandwichstruktur in einen 1100 Grad heißen Ofen. Dabei bildeten sich zahlreiche kleine Nanokristalle aus Silizium, die von Siliziumdioxid umgeben sind. Diese Nanokristalle fluoreszieren wie künstliche Atome, wenn man sie mit Licht bestrahlt. Bislang mussten solche Siliziuminseln mit Ionenstrahlen aufwändig strukturiert werden. Außerdem konnte kein Verfahren die Nanokristalle so gleichmäßig anordnen wie die selbstorganisierte Inselbildung. Es bildeten sich 10 19 Nanokristalle pro Kubikzentimeter mit einem Durchmesser von jeweils zwei Nanometern, angeordnet in Sandwichlagen.
Nun kommt es darauf an, die kleinen Kristalle mit einem elektrischen Strom zum Leuchten zu bringen. STMicroelectronics hat im vergangenen Herbst eine Leuchtdiode aus Erbium-dotiertem, nanokristallinem Silizium vorgestellt, die zehn Prozent der elektrischen Energie in Licht umwandelt. Mit dem neuen Verfahren ließe sich dieser Wirkungsgrad noch steigern, glaubt Margit Zacharias.
Ein Nachteil des Siliziums ist allerdings weniger leicht zu beheben: Silizium ist ein „indirekter“ Halbleiter. Damit die Elektronen-Loch-Paare im Nanokristall rekombinieren, müssen sie mit einem Phonon zusammenstoßen, dem Quantum der Gitterschwingung. Und das dauert mit einer Mikrossekunde etwa tausendmal länger als bei der „direkten“ Halbleiterverbindung Gallium-Arsenid. Das Licht lässt sich mit Silizium also nicht so schnell an- und ausschalten wie mit Gallium-Arsenid-Leuchtdioden. Dennoch sind die neuen Kristalle für einige Anwendungen in der Telekommunikation das Salz in der Suppe.
Max Rauner
Quelle: Physik Journal, September 2003, S. 14