25.10.2013

Licht an für den Wasserstoff

Indium-Gallium-Nitrid als effiziente und stabile Elektrode für die Wasserstofferzeugung.

Auf der Suche nach geeigneten Brennstoffzellen für umweltfreundliche Wasserstoff-Fahrzeuge entwicklen Berliner Forscher um Lutz Geelhaar in Zusammenarbeit mit japanischen Kollegen um Jumpei Kamimura eine Solarzelle, die Wasserstoff direkt aus Wasser gewinnen kann.

„Noch ist solch ein Photoelektrolyseur eine Vision, zu der wir mit unseren grundlegenden Arbeiten beitragen möchten“, sagt Lutz Geelhaar vom Paul-Drude-Institut für Festkörperelektronik (PDI). Sonnenfarmen zur direkten Erzeugung von Wasserstoff hätten den Vorteil, dass dieser im Prinzip wie Erdgas gehandhabt werden kann. Wasserstoff lässt sich in Tanks speichern oder über Pipelines verteilen. Das Gas könnte zum entscheidenden Speicher für die künftige Energiewirtschaft werden. Bislang wird es meist aus fossilen Quellen wie Erdgas gewonnen. Der Halbleiterphysiker warnt allerdings vor übereilten Erwartungen: „Das ist Grundlagenforschung, das kann man in drei Jahren noch nicht kaufen.“

Abb.: Nanofasern aus Indium-Gallium-Nitrid zeigen einen relativ hohen Photostrom. An der Grenzfläche der Nanodrähte spaltet sich aus Wasser der Wasserstoff ab. (Bild: PDI)

Die direkte Abspaltung von Wasserstoff unter Lichteinfall war 1970 von japanischen Forschern erstmals beobachtet worden. Der nach ihnen benannte Honda-Fujishima-Effekt beschäftigt seitdem die Wissenschaftler. Denn die Entdeckung gelang mit Titandioxid, einem Material, das beispielsweise vielen Zahnpasten die weiße Farbe verleiht. Und genau da liegt die Crux: Titandioxid absorbiert kaum Licht, die Wasserstoffausbeute ist extrem gering. „Wir haben deshalb nach dunklen Halbleitermaterialien gesucht, die durch Umwandlung von Sonnenlicht genau die Energiemenge im Kontakt mit Wasser übertragen können, durch die Wassermoleküle aufgespalten werden“, berichtet Kamimura. Und diese Zelle sollte natürlich über Jahre stabil funktionieren: „Es gibt Materialien, die die Wasserspaltung phantastisch gut hinbekommen, aber schon nach einer Minute kaputt gehen.“

Abb.: In der Molekularstrahl-Epitaxie-Anlage des Paul-Drude-Instituts wachsen im Ultrahochvakuum Nanofasern auf Silizium. (Bild: FVB)

Als wesentlich zuverlässiger entpuppten sich im Ultrahochvakuum aufgebrachte Nanofasern aus Indium-Gallium-Nitrid, einem Halbleiter der auch in der Laserdioden eingesetzt wird und im Spektralbereich von grün bis zum nahen ultraviolett arbeitet. Zum Einsatz kommt diese Technologie bereits in der Beleuchtungstechnik oder beim Abspielen von Blue-ray-Discs. Durch unterschiedlich große Anteile von Galliumnitrid und Indiumnitrid kann Licht mit verschiedenen Wellenlängen abgegeben (Wandlung von elektrischer Energie in Licht) oder – in der Solarzelle (Lichtenergie in elektrische Energie) – aufgenommen werden. So kann etwa in Solarzellen ein größerer Spektralbereich des Sonnenlichts eingefangen werden.

Doch ganz so einfach macht es die Natur den Wissenschaftlern auf dem Weg zum künstlichen Blatt nicht. Da gab es zunächst einen ziemlichen Haken. „Wir benötigen für die Züchtung der Kristallschicht eine Unterlage, die im Kristallgitter ähnlich ist“, erläutert Geelhaar. „Für das Indium-Gallium-Nitrid gibt es leider keine Unterlage, die diese Bedingung erfüllt.“ Kamimura ignorierte das unpassende Kristallgitter und machte trickreiche Versuche in der Molekularstrahlepitaxie-Anlage des Paul-Drude-Instituts. Dabei werden in einem Ultrahochvakuum Strahlen aus Indium- und Gallium-Atomen sowie Stickstoff-Radikalen auf eine Unterlage – in diesem Fall Silizium – gerichtet. Durch Steuerung der Temperaturen in den Verdampfertiegeln können verschiedene Strukturen und Zusammensetzungen erzeugt werden.

Schließlich ließ sich das Kristallgitter doch noch überlisten. Wenn schon keine Schicht möglich ist, dann doch feinste Nanodrähte, die Kamimura auf Siliziumunterlagen wachsen lässt. Das ermöglicht es, viel Licht einzufangen. Geelhaar deutet auf die neuesten Messkurven. Nanofasern aus Indium-Gallium-Nitrid, die mit einigen Fremdatomen Magnesium versehen sind (p-dotiert), zeigen einen relativ hohen Photostrom und gleichzeitig entwickelt sich Wasserstoff an der Grenzfläche der Nanodrähte mit Wasser. Co-Katalysatoren wie Platin verbessern zudem die Reaktion. „Das sind sehr ermutigende Ergebnisse“, meint der Halbleiterphysiker. „Unsere Nanofasern absorbieren bereits über ein breites Spektrum Licht und wandeln es in Strom um. Die Proben lösen sich zudem nicht auf, sondern liefern über längere Messzeiten konstante Ergebnisse bei der Wasserstoffproduktion.“ Dennoch liegt noch ein weiter Weg vor Geelhaar und Kamimura. Zur Erzeugung des Sauerstoffs an einer Gegenelektrode musste bislang mit einer von außen angelegten elektrischen Hilfsspannung gearbeitet werden. Das nächste Ziel ist nun, die Wasserstofferzeugung autark nur aus der Energie des Sonnenlichts zu erreichen.

PDI / LK

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