21.04.2015

Licht an – Molekül an

Der molekularen Elektronik gelingt das licht­gesteu­erte An­schal­ten einer Diaryl­ethen-Ver­bin­dung.

Die molekulare Elektronik wird zukünftig ein Fenster hin zu neuartigen und immer noch kleineren und zugleich energie­effi­zienten Bau­elementen oder Sensoren aufstoßen, davon ist Artur Erbe, Physiker am HZDR, über­zeugt: „Einzelne Moleküle sind die kleinsten, zu einem Prozessor integrierbaren Bausteine, die wir uns derzeit vor­stel­len können.“ Bis heute jedoch ist es noch nicht gelungen, ein Molekül so maß­zu­schneidern, dass es Strom leiten kann und dass sich der Strom – wie bei einem elek­trischen Schalter – gezielt ein- und wieder aus­schal­ten lässt.

Abb.: Ein Licht­strahl schal­tet erst­mals ein ein­zel­nes Mole­kül in einen ge­schlos­senen Zustand (rote Atome) und es kann Strom fließen. (Bild: HZDR / Pfefferkorn)

Dazu bedarf es eines elektrisch leitenden Moleküls, bei dem sich an einer Stelle eine ansonsten feste Bindung zwischen einzelnen Atomen löst – und genau dann wieder schließt, wenn Energie in die Struktur gepumpt wird. In auf­wen­digen Versuchen hat der Chemiker Jannic Wolf an der Univer­sität Konstanz heraus­gefunden, dass eine bestimmte Diaryl­ethen-Verbin­dung als Kandidat in Frage kommt. Die Vorteile des rund drei Nanometer langen Moleküls: Es verdreht sich nur wenig, wenn es seine Struktur an einem Punkt öffnet, und es verfügt über zwei Nano-Drähte, die zur Kontak­tierung verwendet werden können. Dass es in offenem Zustand keinen Strom leitet, während es in geschlos­senem Zustand zum Leiter wird und deshalb ein anderes physika­lisches Verhalten zeigt, konnten die Wissen­schaftler aus Konstanz und Dresden bei vielen reprodu­zierbaren Messungen erstmals für ein einzelnes Molekül sicher nachweisen.

Eine Besonderheit dieser molekularen Elektronik: Sie findet in einer Flüssigkeit im Reagenzglas statt, denn die Moleküle werden in Lösung kontaktiert. Um herauszufinden, welche Auswirkungen die Lösungsbedingungen für die Schaltprozesse haben, war deshalb auch ein systema­tisches Auspro­bieren verschie­dener Lösungs­mittel nötig. Damit Strom fließen kann, muss das Diarylethen an den Enden der Nano-Drähte an Elektroden ange­schlossen werden. „Wir haben dafür am HZDR eine Nano-Techno­logie entwickelt, die auf hauchdünne Spitzen aus nur wenigen Gold-Atomen setzt. Dazwischen spannen wir die schaltbare Diaryl­ethen-Verbindung“, erklärt Erbe.

Trifft nun ein Lichtstrahl auf das Molekül, so schaltet es vom geöffneten in den geschlossenen Zustand mit der Folge, dass Strom fließt. „Wir konnten so erstmalig ein einzelnes kontaktiertes Molekül anschalten und zudem den Nachweis erbringen, dass genau das Molekül zum Stromleiter wird, das wir bestrahlt haben“, freut sich Erbe. „Zudem haben wir den mole­kularen Schalt­mecha­nismus sehr detail­liert charak­terisiert, weshalb ich glaube, dass uns damit ein wichtiger Schritt hin zu einem echten mole­kularen Elek­tronik-Bauteil geglückt ist.“

Das Ausschalten klappt beim kontaktierten Diaryl­ethen allerdings noch nicht, doch Erbe ist zuversichtlich: „Unsere Theorie-Kollegen am HZDR berechnen gerade, wie genau sich das Molekül verdrehen muss, damit der Stromfluss unterbrochen wird. Gemeinsam mit den Konstanzer Chemikern werden wir in der Lage sein, das Design und die Synthese für das Molekül entspre­chend umzusetzen.“ Allerdings handelt es sich hierbei um Grund­lagen­forschung, die viel Geduld erfordert: Alleine die Kontaktierung des Diaryl­ethen-Moleküls mittels Elektronenstrahl-Lithographie und die anschlie­ßenden Messungen dauerten drei Jahre. Bereits vor rund zehn Jahren war es einer Arbeitsgruppe an der Univer­sität Groningen gelungen, einen moleku­laren Schalter zu bauen, der in der Lage war, den Strom­fluss zu unter­brechen. Auch dieser Aus-Schalter funktio­nierte nur in einer Richtung, doch konnte damals nicht sicher nachge­wiesen werden, dass die Leit­fähig­keits­änderung an genau ein Molekül gebunden war.

Ein Schwerpunkt der Forschungsarbeiten in Dresden ist die Selbstorganisation. „DNA-Moleküle etwa sind in der Lage, sich ohne Zutun von außen selbst zu Strukturen anzuordnen. „Wenn es uns gelingt, logische Schalter aus sich selbst organisierenden Molekülen zu bauen, dann kommt der Rechner der Zukunft aus dem Reagenzglas“, prophe­zeit Erbe. Die Riesen­vorteile dieser neuen Technologie liegen auf der Hand: Milli­arden teure Ferti­gungs­anlagen, wie sie für die Mikro­elek­tronik von heute benötigt werden, könnten dann der Ver­gangen­heit angehören. Doch nicht nur für die Produktion, sondern auch für den Betrieb neuartiger moleku­larer Bauteile wird extrem wenig Energie benötigt.

HZDR / OD

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