22.05.2023

Licht verknüpft Quantenschaltkreise

Verschränkung von Mikrowellenphotonen mit optischen Photonen geglückt.

Die Anzahl von Qubits in supraleitenden Quantencomputern ist in den letzten Jahren rasch gestiegen. Weiteres Wachstum ist aber durch die notwendige extrem kalte Betriebstemperatur begrenzt. Durch die Verbindung mehrerer kleinerer Prozessoren könnten größere, rechenstärkere Quanten­computer geschaffen werden, was allerdings neue Heraus­forderungen mit sich bringt. Ein Team unter der Leitung von Rishabh Sahu, Liu Qiu und Johannes Fink vom Institute of Science and Techno­logy Austria (ISTA) hat nun zum ersten Mal die Quanten­verschränkung zwischen optischen und Mikrowellen­photonen nachgewiesen, die den Grundstein für ein solches zukünftiges Quantennetzwerk legen könnte.

Abb.: Illustration des Experiments mit dem Strahl optischer Photonen und den...
Abb.: Illustration des Experiments mit dem Strahl optischer Photonen und den erzeugten Mikrowellen­photonen. (Bild: E. Krantz, Krantz NanoArt)

Quantencomputer versprechen, Lösungen für schwierige Aufgaben in den Material­wissenschaften und der Kryptographie zu finden, die selbst für die leistungsfähigsten konventionellen Supercomputer in Zukunft unerreichbar bleiben werden. Wegen der erforderlichen Fehler­korrektur sind dazu jedoch wahrscheinlich Millionen von qualitativ hochwertigen Qubits nötig. Die Fortschritte bei den supra­leitenden Prozessoren schreiten schnell voran und die Anzahl der Qubits liegt derzeit bei einigen hundert. Die Vorteile dieser Technologie liegen in der hohen Rechen­geschwindigkeit und der Kompatibilität mit der Mikrochip-Fertigung. Jedoch begrenzen die notwendigen ultrakalten Betriebs­temperaturen letztlich die Größe der Prozessoren und verhindert jeden physischen Zugriff, sobald sie abgekühlt sind.

Ein modularer Quantencomputer mit mehreren separat gekühlten Prozessoren könnte dieses Problem lösen. Einzelne Mikrowellen­photonen, die als Informations­träger zwischen supraleitenden Qubits innerhalb der Prozessoren fungieren, sind jedoch nicht geeignet, um bei Raumtemperatur zwischen den Prozessoren übertragen zu werden. Die Umgebung bei Raumtemperatur ist voller Wärmeenergie, welche die Mikrowellenphotonen und ihre fragilen Quanten­eigenschaften wie Verschränkung leicht stören. Die Forschenden demonstrierten nun einen wichtigen technologischen Schritt zur Überwindung dieser Heraus­forderungen. Sie verschränkten zum ersten Mal niederenergetische Mikrowellen­photonen mit hochenergetischen optischen Photonen.

Ein solcher verschränkter Quanten­zustand zweier Photonen ist die Grundlage, um supraleitende Quantencomputer über Verbindungen bei Raumtemperatur zusammenzuschalten. Dies hat nicht nur Auswirkungen auf die Skalierung bestehender Quantenhardware, sondern wird auch benötigt, um Verbindungen zu anderen Quantencomputer­plattformen sowie neuartige quanten­verstärkte Messtechnologien zu realisieren. Rishabh Sahu erklärt: „Ein großes Problem für jedes Qubit ist das Rauschen. Rauschen kann man sich als jede Störung des Qubits vorstellen. Eine der Hauptquellen für Rauschen ist die Wärmeenergie des Materials, aus dem das Qubit besteht.“

Wärmeenergie führt dazu, dass die Atome in einem Material sich schnell hin und her bewegen. Dies beeinträchtigt Quanten­eigenschaften wie Verschränkung und würde Qubits für Berechnungen unbrauchbar machen. Um funktionsfähig zu bleiben, müssen die Qubits eines Quantencomputers daher von der Umgebung isoliert, auf extrem niedrige Temperaturen abgekühlt und in einem Vakuum gehalten werden, damit ihre Quanten­eigenschaften erhalten bleiben. Bei supra­leitenden Qubits geschieht dies in einer speziellen zylindrischen Vorrichtung, die von der Decke herabhängt, dem „Dilution Refrigerator“, in dem der „Quanten“-Teil der Berechnungen stattfindet. Die Qubits an seinem unteren Ende werden auf nur wenige Tausendstel Grad über dem absoluten Nullpunkt abgekühlt.

Der Dilution Refrigerator muss die Qubits kontinuierlich kühlen, aber je mehr Qubits und dazugehörige Kabel hinzukommen, desto mehr Wärme wird erzeugt und desto schwieriger wird es, den Quantencomputer kühl zu halten. „Wissen­schafterinnen und Wissenschaftler sagen voraus, dass wir bei etwa eintausend supraleitenden Qubits in einem einzelnen Quantencomputer an die Grenzen der Kühlung stoßen“, warnt Sahu. „Ein reines Vergrößern ist keine nachhaltige Lösung, um leistungs­fähigere Quantencomputer zu bauen.“ Fink fügt hinzu: „Größere Maschinen sind in der Entwicklung, aber jedes Zusammenbauen und Abkühlen wird dann vergleichbar mit einem Raketenstart, bei dem man Probleme erst feststellt, wenn der Prozessor kalt ist, ohne die Möglichkeit, bei Problemen einzugreifen.“

„Wenn ein Dilution Refrigerator nicht ausreicht, um mehr als tausend supraleitende Qubits auf einmal zu kühlen, müssen wir mehrere kleinere Quantencomputer miteinander verbinden“, erklärt Liu Qiu. „Wir bräuchten ein Quanten­netzwerk.“ Die Verbindung von zwei supra­leitenden Quantencomputern mit jeweils einem eigenem Dilution Refrigerator kann aber nicht einfach mit einem elektrischen Kabel geschehen. Sie erfordert besondere Maßnahmen, um die Quanten­eigenschaften der Qubits aufrecht­zuerhalten. Supraleitende Qubits arbeiten mit winzigen elektrischen Strömen, die sich in einem Stromkreis mit einer Frequenz von etwa zehn Milliarden Mal pro Sekunde hin und her bewegen. Sie interagieren mittels Mikrowellen­photonen. 

Das Problem ist, dass selbst eine geringe Menge Wärmeenergie einzelne Mikrowellen­photonen und ihre Quanteneigenschaften, die für die Verbindung der Qubits in zwei getrennten Quantencomputern erforderlich sind, leicht stören würde. Innerhalb eines Kabels außerhalb des Dilution Refrigerators würde die Wärme der Umgebung sie unbrauchbar machen.„Anstelle der rauschanfälligen Mikrowellen­photonen, die wir für die Berechnungen im Quantencomputer benötigen, wollen wir optische Photonen mit viel höheren Frequenzen ähnlich dem sichtbaren Licht verwenden, um Quanten­computer miteinander zu vernetzen“, erklärt Qiu. Diese optischen Photonen sind die gleichen, die auch durch Glasfaserkabel geschickt werden, die Hochgeschwindig­keitsinternet zu uns nach Hause bringen. Jene Technologie ist gut erforscht und viel weniger anfällig für Störungen durch Wärmeenergie. Qiu fügt hinzu: „Die Heraus­forderung bestand darin, die Mikrowellen­photonen mit den optischen Photonen interagieren zu lassen und sie zu verschränken.“

In ihrer Studie verwendeten die Forscher einen optischen Resonator aus einem nichtlinearen Kristall, der seine optischen Eigenschaften unter Einfluss eines elektrischen Feldes ändert. Ein Hohlraum mit Wänden aus supra­leitendem Material umschließt den Kristall und verstärkt diese Wechselwirkung. Sahu und Qiu nutzten einen Laser, um Milliarden optischer Photonen für den Bruchteil einer Mikrosekunde in den elektrooptischen Kristall zu schicken. Auf diese Weise spaltet sich ein optisches Photon in ein Paar neuer verschränkter Photonen auf: ein optisches Photon mit nur etwas weniger Energie als das ursprüngliche Photon und ein Mikrowellen­photon mit viel geringerer Energie.

„Die Herausforderung bei diesem Experiment bestand darin, dass die optischen Photonen etwa 20.000 Mal mehr Energie haben als die Mikrowellen­photonen“, erklärt Sahu. „Sie bringen eine Menge Energie und damit Wärme in das Gerät ein, welche dann die Quanten­eigenschaften der Mikrowellen­photonen zerstören kann. Wir haben monatelang daran gearbeitet, das Experiment zu optimieren und die richtigen Messungen zu machen.“ Um dieses Problem zu lösen, bauten die Forscher einen supra­leitenden Hohlraum, der größer als frühere Modelle ist. Dadurch wird nicht nur ein Zusammenbruch der Supraleitung vermieden, sondern das Gerät kann auch effektiver gekühlt und während der kurzen Zeitspanne der optischen Laserpulse kalt gehalten werden.

„Der Durchbruch besteht darin, dass die beiden Photonen, die das Gerät verlassen – das optische und das Mikrowellenphoton – verschränkt sind“, erklärt Qiu. „Dies wurde durch die Messung von Korrelationen zwischen den Quanten­fluktuationen der elektro­magnetischen Felder der beiden Photonen bestätigt, die stärker sind, als durch die klassische Physik erklärt werden kann.“ „Wir sind nun die ersten, die Photonen mit so unterschiedlichen Energieskalen verschränken konnten“, fügt Fink hinzu. „Dies ist ein wichtiger Schritt zum Aufbau eines Quantennetzwerks und auch für andere Quanten­technologien, wie zum Beispiel quantenverstärkte Mess­technologien.“

ISTA / JOL

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