Lichtpulse steuern Elektronen in Graphen
Extrem kurze Laserpulse legen Basis für eine ultraschnelle Elektronik.
Die Stromregelung ist eine der wichtigsten Komponenten moderner Elektronik, denn über schnell angesteuerte Elektronenströme werden Daten und Signale übertragen. Die Ansprüche an die Schnelligkeit der Datenübertragung wachsen dabei beständig. In eine ganz neue Dimension der schnellen Stromregelung sind nun Wissenschaftler der Lehrstühle für Laserphysik und Angewandte Physik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg FAU vorgedrungen. Ihnen ist es gelungen, in Graphen Elektronenströme innerhalb von einer Femtosekunde in die gewünschte Richtung zu lenken.
Abb.: Schematische Darstellung des Experiments zur ultraschnellen Stromerzeugung: Wenn die Lichtwelle auf das Graphen trifft, wird instantan ein elektronischer Strom erzeugt. (Bild: T. Higuchi, FAU)
Der Trick: die Elektronen werden von einer einzigen Schwingung eines Lichtpulses angetrieben. Damit können sie den Vorgang um mehr als das Tausendfache im Vergleich zu den schnellsten heutigen Transistoren beschleunigen. In Gasen, isolierenden Materialien sowie Halbleitern war es Wissenschaftlern bereits gelungen, mithilfe von Lichtwellen Elektronen zu kontrollieren und so prinzipiell Ströme zu steuern. Mit Metallen funktionierte dies bisher jedoch nicht, da Metall normalerweise Lichtstrahlen reflektiert und so kein Licht eindringen kann, um die Elektronen im Inneren anzuregen. Die Physiker der Arbeitsgruppen von Peter Hommelhoff und Heiko Weber haben daher auf Graphen zurückgegriffen. Es ist so dünn, dass genug Licht einfällt, um die Elektronen in Bewegung zu versetzen.
Für ihr Experiment haben die Wissenschaftler extrem kurze Laserpulse in speziell definierten Wellenformen auf Graphen gefeuert. Treffen diese Lichtwellen auf die Elektronen im Graphen, werden diese durch das Material geschleudert, wie nach einem Peitschenhieb. „Bei intensiven optischen Feldern wird innerhalb eines Bruchteils eines optischen Zyklus ein Strom erzeugt – das entspricht einer halben Femtosekunde. Überraschend war, dass trotz dieser enormen Kräfte die Quantenmechanik wieder einmal die entscheidende Rolle spielt“, erklärt Takuya Higuchi vom Lehrstuhl für Laserphysik.
Der Strom im Graphen basiert auf komplizierten quantenmechanischen Vorgängen, wie die Forscher herausfanden: Die Elektronen gelangen von ihrem Ausgangszustand zum angeregten Zustand nicht nur über einen Weg, sondern über zwei. Ähnlich einer Welle können sich die Elektronen an der Gabelung spalten und beide Wege gleichzeitig entlangfließen. Das Ergebnis: Je nachdem mit welcher relativen Phase die Elektronen am Ziel aufeinandertreffen, ist der Strom sehr groß, oder überhaupt nicht vorhanden.
„Das ist vergleichbar einer Wasserwelle: Stellen Sie sich vor, eine Welle trifft auf eine Hauswand. Dann wird sie gespalten und fließt rechts und links am Gebäude vorbei. Am Ende des Gebäudes treffen beide Teile wieder aufeinander. Sind die Teilwellen dann beide auf ihrem Gipfel ergibt sich eine sehr große Welle, es fließt Strom. Ist eine Teilwelle auf dem Höchststand, die andere an ihrem Tiefpunkt, gleichen sich die beiden aus, es gibt keine Welle – und keinen Strom“, erklärt Peter Hommelhoff. „Wir können damit über die Lichtwellen regulieren, wie sich die Elektronen bewegen und wie viel Strom erzeugt wird.“ Die Ergebnisse sind ein weiterer wichtiger Schritt, um die beiden Zweige der modernen Technologie, Elektronik und Optik, auf eine Plattform zu bringen. Zukünftig lässt sich das Verfahren eventuell auf übertragen, die mit optischen Frequenzen kontrolliert werden kann.
FAU / JOL