18.03.2016

Linientreuer Laser

Superradiante Zustände machen es möglich, die Frequenzunschärfe um Größenordnungen zu verringern.

Viele Fragestellungen der modernen Physik benötigen zu ihrer Beantwortung Licht mit einem möglichst scharfen Frequenz­spektrum. Laser liefern üblicher­weise genau das – doch normale Laser sind trotzdem für viele Aufgaben nicht gut genug. Für den Nachweis von Gravitations­wellen, für Atom­uhren und für hoch­empfindliche Tests der Relativitätstheorie hätten Forscher am liebsten Laser zur Verfügung, deren Licht exakt auf einer Frequenz „fest­genagelt” ist. Doch minimale Störungen wie etwa thermische und mechanische Schwankungen der Distanz zwischen den Laser­spiegeln sorgen dafür, dass das Frequenz­spektrum sich ständig verändert. Diese Vibrationen lassen sich auch bei einem sonst nahezu perfekten Laser nie ganz vermeiden. Sie gehören bei den derzeit frequenz­stabilsten Lasern zu den wichtigen Störfaktoren.

Abb.: Aufbau des Experiments. Die Strontium-88-Atome sind in einem eindimensionalen optischen Gitter gefangen. (Bild: M. A. Norcia & J. K. Thompson)

Abhilfe gegen solche Schwankungen verspricht ein neues Prinzip im Laserbau: die Nutzung super­radianter Zustände. Bei solchen Zuständen emittieren die Atome des Verstärker­mediums synchron Lichtwellen. Die Frequenz der ausgesandten Laser­strahlung hängt damit nicht mehr von der Länge der Laser­kavität ab, sondern nur noch von den Eigenschaften der Atome. Aus diesem Grund sollte die Laserfrequenz dann unempfindlich gegenüber Vibrationen sein. Theoretischen Studien zufolge könnten solche Laser um Größen­ordnungen frequenz­stabiler sein als bisherige Modelle. Vor allem Erd­alkali­metalle bieten sich dank ihrer atomaren Übergänge als Laser­medium an.

Eine Forschergruppe an der Universität Colorado hat nun einen solchen superradianten Laser auf der Basis von Strontium­atomen realisiert. Matthew Norcia und James Thompson sperrten bis zu 60.000 Strontium­atome in ein ein­dimensionales optisches Gitter. Der Übergang von 3P1 zu 1S0 besitzt bei Strontium eine schmale Linien­breite, da der Dipol­übergang verboten ist und nur solche höherer Ordnung auftreten. Dadurch liegt die Lebensdauer der Zustände etwa um den Faktor 1000 höher als andere Übergänge dieser Wellenlänge. Dementsprechend ist auch die Linien­breite des Laser schärfer.

Die Schwierigkeit beim Bau super­radianter Laser liegt nun darin, dass das Verstärker­medium Licht nur langsam ausstrahlt. Die Heraus­forderung bestand deshalb darin, für ausreichende Licht­emission zu sorgen, bevor störende Prozesse in Effekt treten. Die Forscher kühlten deshalb zunächst die Strontium­atome bis auf wenige Millionstel Grad über dem absoluten Nullpunkt ab. Um die Lichtemission zu verstärken, setzten sie die Atome zwischen zwei hoch­reflektierende Spiegel, so dass der Lichtpuls ungefähr 10.000 mal mehr Atome „sah”.

Aber auch das reichte noch nicht aus. „Eine bedeutende Störung, die die Atome beeinflusst, kam von der Doppler­verschiebung aufgrund der Bewegung der Atome”, sagt Matthew Norcia. Trotz der tiefen Temperaturen mussten die Wissenschaftler die Strontium­atome deshalb noch in einem optischen Gitter fixieren. Dann aber zeigte sich das erwartete Verhalten und der Laser sandte kohärente Pulse bei 689 Nanometer aus. Die Forscher konnten den Laser sogar zwischen normalen und super­radiantem Lasing hin und her schalten, indem sie die Breite des Laser­übergangs veränderten.

Um den Laser dauerhaft zu betreiben, ist ständiges Pumpen des Laser­mediums erforderlich. Vor allem, wenn man solche Laser als Frequenz­normal nutzen will, ist eine möglichst lange Betriebsdauer vonnöten. Beim Pumpen des Lasers erfahren die Strontiumatome jedoch einen Rückstoß durch die Photonen und erwärmen sich dabei, was die Linienbreite erhöht. Die Physiker konnten ihren Laser rund 1,5 Millisekunden lang betreiben und ungefähr eine halbe Millisekunde bei höherer Leistung.

Noch sind solche superradianten Laser allerdings deutlich weniger stabil und frequenztreu als die besten herkömmlichen Laser. Die Forscher erwarten aber weitreichende Fortschritte in näherer Zukunft. Zwar stecken super­radiante Laser noch in den Kinderschuhen – jedoch sind viele Technologien zu ihrer Weiter­entwicklung bereits bekannt und erprobt.

Die Forscher wollen in nächster Zeit deshalb deutlich stärker als bisher die Möglich­keiten super­radianter Zustände ausnutzen. Strontium hat einen anderen atomaren Übergang, der ungefähr sieben Größen­ordnungen stärker frequenz­selektiv ist als der jetzt untersuchte. Sollte es den Forschern gelingen, ihre bisherigen Techniken auch bei diesem Übergang umzusetzen, so ließe sich damit auch eine entsprechende Verbesserung der Linien­breite erzielen.

Technisch wird das nicht einfach. Insbesondere die Kühlung beim optischen Pumpen verspricht laut den Forschern kein leichtes Problem zu werden. Das Ziel ist aber lohnend: Im Prinzip sind mit solchen Lasern Linien­breiten am quanten­mechanischen Limit erreichbar. Vielleicht könnten sich schon in wenigen Jahren super­radiante Laser etwa in Atomuhren bewähren.

Dirk Eidemüller

DE

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