Lithium-Schwefel-Festkörper-Batterien: Ladungstransport direkt beobachtet
Schleppende Einwanderung von Lithium-Ionen in die Verbundkathode.
Lithium-Schwefel-Festkörper-Batterien bieten im Vergleich zu herkömmlichen Lithium-Ionen-Batterien das Potenzial für eine wesentlich höhere Energiedichte und mehr Sicherheit. Allerdings ist die Leistungsfähigkeit von Festkörper-Batterien derzeit noch unzureichend, was vor allem an sehr langen Ladezeiten liegt – und das, obwohl sie theoretisch eine besonders schnelle Aufladung ermöglichen sollten. Eine neue Studie von Forschern am Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie zeigt nun, dass die Hauptursache dafür die sehr schleppende Einwanderung von Lithium-Ionen in die Verbundkathode ist.
Das Team konstruierte eine spezielle Zelle, um den Transport von Lithium-Ionen zwischen Anode und Kathode in einer Lithium-Schwefel-Festkörper-Batterie zu beobachten. Da sich Lithium mit Röntgenmethoden kaum nachweisen lässt, untersuchten Robert Bradbury und Ingo Manke die Probezelle mit Neutronen, die extrem empfindlich auf Lithium reagieren. Zusammen mit Nikolay Kardjilov nutzten sie Neutronenradiographie und Neutronentomographie am CONRAD2-Instrument an der Neutronenquelle BER II. Auch Gruppen der Uni Gießen, der TU Braunschweig und des Forschungszentrums Jülich waren an den Arbeiten beteiligt.
„Wir haben jetzt eine viel bessere Vorstellung davon, was die Leistung der Batterie einschränkt", sagt Bradbury. „Aus den Daten der operando Neutronenradiographie sehen wir, dass sich eine Reaktionsfront von Lithium-Ionen durch die Verbundkathode ausbreitet, was den negativen Einfluss der niedrigen effektiven Ionenleitfähigkeit bestätigt." Darüber hinaus zeigen die 3D-Neutronentomographie-Bilder, dass sich das eingeschlossene Lithium während des Aufladens in der Nähe des Stromabnehmers konzentriert. Das führt zu einer verminderten Kapazität, da nur ein Teil des Lithiums beim Aufladen der Batterie zurücktransportiert wird.
Die beobachtete Lithiumverteilung stimmt sehr gut mit einer Modellrechnung auf Basis der Theorie der porösen Elektroden überein. „Was wir hier in den Neutronenbilddaten beobachten, korreliert gut mit den relevanten elektronischen und ionischen Leitfähigkeitsbedingungen aus dem Modell", sagt Bradbury.
Diese Ergebnisse machen auf einen bisher übersehenen Entwicklungsengpass für Festkörperbatterien aufmerksam: Der langsame Ionentransport begrenzt die Leistung. Die Herausforderung besteht nun darin, einen schnelleren Ionentransport innerhalb des Kathodenverbunds zu ermöglichen. „Ohne eine direkte Visualisierung der Reaktionsfront innerhalb des Kathodenverbunds wäre dieser Effekt möglicherweise unbemerkt geblieben, obwohl er für die Entwicklung von Festkörperbatterien von großer Bedeutung ist", betont Bradbury.
HZB / RK
Weitere Infos
- Originalveröffentlichung
R. Bradbury et al.: Visualizing Reaction Fronts and Transport Limitations in Solid-State Li–S Batteries via Operando Neutron Imaging, Adv. Energy Mat., online 20. März 2023; DOI: 10.1002/aenm.202203426 - Elektrochemische Energiespeicherung, Helmholtz-Zentrum Berlin für Materialien und Energie GmbH