Live-Schaltung ins Innere einer Batterie
Forscher beobachten mithilfe von Neutronenstrahlen die Ablagerung von metallischem Lithium.
Lithium-Ionen-Batterien gelten als Energiespeicher der Zukunft und sind vor allem für die Elektromobilität unverzichtbar. Sie haben die Fähigkeit, viel Energie zu speichern, sind aber vergleichsweise kompakt und leicht. Auch Temperaturschwankungen und längere Lagerung stellen für die Lithium-Ionen-Batterien kein Problem dar. Wenn sich beim Laden der Batterie allerdings metallisches Lithium bildet und ablagert, kann sich die Lebensdauer des Akkus verringern – oder sogar ein Kurzschluss auftreten. Forschern der TU München ist es gelungen, mithilfe von Neutronenstrahlen einen Blick in die Batterie zu werfen, ohne sie zu zerstören, und so die Ablagerung von metallischem Lithium, das Lithium-Plating, aufzuklären.
Abb.: Lithium-Ionen-Akkus gelten als Energiespeicher der Zukunft. (Bild: A. Heddergott / TUM)
Die Energiespeicherung bei einem Lithium-Ionen-Akku funktioniert nach folgendem Prinzip: Sowohl die Kathode als auch die Anode haben die Fähigkeit, Lithium-Ionen zu binden. Während des Ladens zwingt das elektrische Feld die Ionen, von der Kathode zur Anode zu wandern. Beim Entladen dagegen strömen die Lithium-Ionen wieder zurück zur Kathode, wobei Energie frei wird. Die Kathode in den Lithium-Ionen-Akkus besteht aus einem Lithium-Metall-Oxid, das Standardmaterial für den Minuspol der Batterie ist Graphit, das eine Schichtstruktur aufweist. In diese Schichten lagern sich die Lithium-Ionen während des Ladens ein.
Statt sich wie erwünscht in die Anode einzulagern können Lithium-Ionen aber auch metallisches Lithium bilden. Dieses lagert sich an die Anode an und steht damit zum Teil nicht mehr für den zuvor beschriebenen Prozess zur Verfügung. Die Leistungsfähigkeit der Batterie ist also vermindert. In extremen Fällen kann es sogar zu einem Kurzschluss kommen. Metallisches Lithium ist außerdem schnell entflammbar.
Bisher war es nicht möglich, den Mechanismus dieses Lithium-Platings genau zu beobachten. Bei einer Öffnung der Batterie ist immer nur eine Momentaufnahme des Zustands sichtbar. Veronika Zinth und Christian von Lüders konnten nun jedoch mithilfe von Neutronenstrahlen die Prozesse in der Batterie live beobachten, ohne diese aufzuschneiden. „Im Vergleich zu anderen Methoden kann man mittels Neutronen-Diffraktion genauere Aussagen treffen, wann wie stark das Lithium-Plating auftritt“, erklärt Zinth.
Am Materialforschungs-Diffraktometer STRESS-SPEC bestrahlten die Forscher die Batterie während des Ladens und Entladens mit Neutronenstrahlen der Forschungs-Neutronenquelle FRM II. Der einfallende Neutronenstrahl wird an der Batterie nach dem Gesetz der Braggschen Gleichung gebeugt und schließlich in einem Detektor aufgenommen. Anhand dieser Signale ermitteln die Wissenschaftler indirekt, wie viel metallisches Lithium sich gebildet hat.
Die Messungen der Forscher zeigen: Je schneller der Ladevorgang, desto mehr metallisches Lithium entsteht. Bis zu 19 Prozent der normalerweise am Lade- und Entladeprozess beteiligten Lithium-Ionen liegen dabei als metallisches Lithium vor. In einer Pause von 20 Stunden nach einem schnellen Ladevorgang reagiert ein Teil des metallischen Lithiums wieder mit dem Graphit, Lithium-Ionen lagern sich in die Graphit-Schicht ein. Es handelt sich sozusagen um einen nachträglichen, langsamen Ladeprozess. Allerdings ist nur ein Teil des Lithium-Platings reversibel.
Die Wissenschaftler planen weitere Experimente, die den Mechanismus des Lithium-Platings noch detaillierter aufklären sollen. Diese Ergebnisse könnten dabei helfen, das Phänomen so gut wie möglich zu vermeiden. Hierzu gehört auch die Beantwortung der Frage, wie schnell geladen werden kann, bevor Lithium-Plating einsetzt.
TUM / RK