26.03.2021

Magnetfeld am Rand eines schwarzen Lochs

Zentrum der Galaxie Messier 87 zeigt Signatur in polarisiertem Licht.

Wissen­schaftler des Event Horizon Telescope haben 2019 das erste Bild eines schwarzen Lochs erstellt. Heute präsentieren die Forscher einen neuen Blick auf das gewaltige Objekt im Zentrum der Galaxie Messier 87: sein Aussehen in pola­risiertem Licht. Erstmals konnten Astronomen die Polarisation, eine Signatur von Magnetfeldern, so nah am Rande eines schwarzen Lochs messen. Die Beobach­tungen sind der Schlüssel zur Erklärung, wie die 55 Millionen Lichtjahre entfernte Galaxie M87 in der Lage ist, energetische Jets von ihrem Kern auszustoßen. Diese Jets erreichen eine Ausdehnung von rund einer Million Lichtjahre.

Abb.: Das supermasse­reiche schwarze Loch in der Galaxie M87 im polarisierten...
Abb.: Das supermasse­reiche schwarze Loch in der Galaxie M87 im polarisierten Licht. (Bild EHT Coll.)

„Welche Kräfte rela­tivistische Jets in Galaxien antreiben ist eine Frage, die seit langem in der Astrophysik diskutiert wird. Die Jets in M87 sind enorm und würden zehn Prozent unserer Galaxie bedecken. Durch die anspruchs­vollen Beobach­tungen des Event Horizon Teleskops, kombiniert mit den theoretischen Modell­rechnungen, die wir hier in Frankfurt gemacht haben, erhalten wir wesentliche Informationen über einen vergleichsweise kleinen Bereich: Erstmals sehen wir, wie das Magnetfeld sehr nahe um das schwarze Loch herum aussieht“, sagt ;Luciano Rezzolla von der Goethe-Universität Frankfurt. „Wir sehen jetzt das nächste ent­scheidende Puzzleteil für das Verständnis, wie sich Magnetfelder um schwarze Löcher herum verhalten und wie die Aktivität in diesen sehr kompakten Regionen des Weltraums starke Jets antreiben kann, die sich weit über die Galaxie hinaus erstrecken“, sagt Monika Mosci­brodzka, Koor­dinatorin der EHT Polarimetrie-Arbeits­gruppe von der Radboud Universität in den Niederlanden.

Am 10. April 2019 veröffent­lichten die Wissenschaftler das allererste Bild eines schwarzen Lochs, das eine helle ringförmige Struktur mit einer dunklen zentralen Region – dem Schatten des schwarzen Lochs – zeigt. Seitdem hat sich die EHT-Kolla­boration eingehender mit den 2017 gesammelten Daten vom supermasse­reichen Objekt im Herzen der Galaxie M87 beschäftigt. Sie haben entdeckt, dass ein signi­fikanter Anteil des Lichts um das schwarze Loch von M87 polarisiert ist. „Diese Arbeit ist ein wichtiger Meilenstein: Die Polari­sation des Lichts birgt Informationen, die es uns erlauben, die Physik hinter dem Bild, das wir im April 2019 gesehen haben, besser zu verstehen. Das war vorher nicht möglich“, sagt Iván Martí-Vidal von der Universität von Valencia.

Genauso wie polarisierte Sonnen­brillen uns helfen, besser zu sehen, indem sie Reflexionen und Blendungen von hellen Oberflächen reduzieren, können Astronomen ihren Blick auf die Region um das schwarze Loch schärfen, indem sie sich ansehen, wie das von ihm ausgehende Licht pola­risiert ist. Insbesondere erlaubt die Polarisation den Astro­nomen, die Magnetfeld­linien zu kartieren, die am inneren Rand des schwarzen Lochs vorhanden sind. ;„Die Bilder sind der Schlüssel zum Verständnis, wie das Magnetfeld es dem schwarzen Loch ermöglicht, Materie zu verschlingen“, sagt EHT-Kollaborations­mitglied Andrew Chae vom Princeton Center for Theoretical Science.

Die hellen Energie- und Materiejets, die aus dem Kern von M87 entspringen und sich mindestens über 5000 Lichtjahre von seinem Zentrum ausbreiten, sind eines der geheimnis­vollsten und energie­reichsten Merkmale der Galaxie. Die meiste Materie, die sich in der Nähe des Randes eines schwarzen Lochs befindet, fällt hinein. Einige der umgebenden Teilchen entkommen jedoch kurz vor dem Einfangen und werden in Form von Jets weit ins All hinaus­geschleudert. Um diesen Prozess besser zu verstehen, haben sich Astronomen auf verschiedene Modelle gestützt, wie sich Materie in der Nähe des schwarzen Lochs verhält. Aber sie wissen immer noch nicht genau, wie die Jets, die größer als die Galaxie sind, aus seiner zentralen Region ausgestoßen werden, die von ihrer Ausdehnung her mit dem Sonnen­system vergleichbar ist, noch wie genau die Materie in das schwarze Loch fällt.

Mit der neuen EHT-Aufnahme des schwarzen Lochs und seines Schattens in pola­risiertem Licht ist es erstmals gelungen, in die Region dicht außerhalb des schwarzen Lochs zu blicken, in der dieses Wechselspiel zwischen einströmender und heraus­geschleuderter Materie stattfindet. Die Beobachtungen liefern neue Informationen über die Struktur der Magnetfelder direkt außerhalb des schwarzen Lochs. Das Team fand heraus, dass nur theoretische Modelle mit stark magne­tisiertem Gas erklären können, was sie am Ereignis­horizont sehen. „Die Beobachtungen legen nahe, dass die Magnetfelder am Rand des schwarzen Lochs stark genug sind, um das heiße Gas zurück­zudrängen und es dabei zu unterstützen, der Schwerkraft zu widerstehen. Nur das Gas, das durch das Feld schlüpft, kann sich spiral­förmig nach innen zum Ereignis­horizont bewegen“, erklärt Jason Dexter von der University of Colorado in Boulder.

Um das Herz der Galaxie M87 zu beobachten, verbanden die Forscher acht Teleskope auf der ganzen Welt, um mit dem EHT ein virtuelles erdumspannendes Teleskop zu schaffen. Die beein­druckende Auflösung entspricht der, die benötigt wird, um die Länge einer Kreditkarte auf der Oberfläche des Mondes zu messen. Mit der Anordnung des EHT konnte das Team den Schatten des schwarzen Lochs und den ihn umgebenden Lichtring direkt beobachten, wobei das neue Bild mit pola­risiertem Licht deutlich zeigt, dass der Ring magnetisiert ist. „Das EHT macht rasante Fortschritte, das Netzwerk wird technologisch aufgerüstet und neue Obser­vatorien werden hinzugefügt. Wir erwarten, dass zukünftige EHT-Beobach­tungen die Magnetfeldstruktur um das schwarze Loch genauer abbilden und uns mehr über die Physik des heißen Gases in dieser Region verraten werden“, sagt EHT-Kollaborations­mitglied Jongho Park vom Academia Sinica Institute of Astronomy and Astrophysics in Taipeh.

U. Frankfurt / JOL

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