04.10.2018

Magnetfelder mit Neutronen abtasten

Neutronen-Tomographie bildet magnetische Feld­linien im Innern von Materialien ab.

Magnetische Felder im Innern von Proben zu messen gelingt bislang nur auf indirekte Weise. Mit Licht, Röntgen­strahlung oder Elek­tronen lassen sich zwar magne­tische Orien­tie­rungen abtasten, aller­dings nur auf den Ober­flächen von Materi­alien. Neutronen dagegen dringen tief in die Probe ein, und können – dank ihrer eigenen magne­tischen Eigen­schaften – präzise Auf­schluss über magne­tische Felder im Inneren geben. Bislang aber ließen sich nur grob die unter­schied­lich aus­ge­rich­teten magne­tischen Domänen mit Hilfe von Neutronen kartieren, nicht aber die Vektor­felder des Magnet­felds im Inneren der Probe.

Abb.: Die magnetischen Feldlinien im Inneren eines supra­leitenden Blei-Quaders bei 4,3 Kelvin. Die Schnitt­ebene ist durch den gestri­chelten Umriss an­ge­deutet. Der Skalen­strich entspricht fünf Milli­meter. (Bild: HZB)

Jetzt hat ein Team um Nikolay Kardjilov und Ingo Manke am Helm­holtz-Zentrum Berlin eine neue Methode ent­wickelt, um die Magnet­feld­linien im Innern von massiven, dicken Proben zu ver­messen: Für die tenso­rielle Neutronen-Tomo­graphie setzen sie Spin-Flipper und -Polari­sa­toren ein, die dafür sorgen, dass nur Neutronen mit gleich­ge­rich­teten Spins die Probe durch­dringen. Treffen solche spin­polari­sierten Neutronen auf ein magne­tisches Feld im Innern, regt dieses die Neutronen­spins zur Präzes­sion an, so dass sich die Spin-Polari­sa­tions­rich­tung ver­ändert, was Rück­schlüsse auf die Feld­linien erlaubt.

Mit der neu entwickelten Methode lässt sich aus neun einzelnen Tomo­graphien mit jeweils unter­schied­lichen Neutronen­spin-Ein­stel­lungen eine drei­dimen­sio­nale Abbil­dung des Magnet­felds im Innern der Probe berechnen. Hierzu wird ein von André Hilger am HZB neu ent­wickelter, äußerst komplexer mathe­ma­tischer Tensor-Algo­rithmus ein­ge­setzt, der „TMART“ getauft wurde. Die Forscher haben die neue Methode an gut ver­stan­denen Proben getestet und eva­luiert. Im Anschluss konnten sie erst­mals das komplexe Magnet­feld im Inneren von supra­leitendem Blei kartieren.

Die Probe aus massivem, polykristallinem Blei wurde auf vier Kelvin abge­kühlt – Blei wird supra­leitend unter­halb von sieben Kelvin – und einem Magnet­feld von 0,5 Milli­tesla aus­ge­setzt. Dabei wird das Magnet­feld zwar auf­grund des Meissner-Effekts aus dem Proben­inneren ver­drängt, dennoch bleiben magne­tische Fluss­linien an den nicht supra­leitenden Korn­grenzen der poly­kristal­linen Probe haften. Diese ver­schwinden auch nicht, nach­dem das äußere Feld abge­schaltet wird, weil sie zuvor im Innern der supra­leitenden Kristall­körner Ströme indu­zieren, die diese Felder auf­recht­erhalten.

„Zum ersten Mal können wir im Inneren eines massiven Materials das magne­tische Vektor­feld in seiner ganzen Kom­plexität drei­dimen­sional sicht­bar machen“ sagt Manke. „Neutronen können gleich­zeitig massive Materi­alien durch­dringen und Magnet­felder nach­weisen. Es gibt zur­zeit keine andere Methode, die das ermög­licht.“ Die magne­tische Tensor-Tomo­graphie ist zer­störungs­frei und kann Auf­lösungen bis in den Mikro­meter­bereich erreichen. Die Einsatz­bereiche sind extrem viel­fältig. Sie reichen von der Kartie­rung von magne­tischen Feldern in Supra­leitern und der Beob­ach­tung von magne­tischen Phasen­über­gängen bis zur Material­analyse, die auch für die Industrie von großem Inte­resse ist. So lassen sich Feld­ver­tei­lungen in Elektro­motoren und metal­lischen Kompo­nenten abbilden und Strom­flüsse in Batte­rien, Brenn­stoff­zellen oder anderen Antriebs­systemen mit dieser Methode visu­ali­sieren.

HZB / RK

Anbieter des Monats

Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH

Dr. Eberl MBE-Komponenten GmbH

Das Unternehmen wurde 1989 von Dr. Karl Eberl als Spin-off des Walter-Schottky-Instituts der Technischen Universität München gegründet und hat seinen Sitz in Weil der Stadt bei Stuttgart.

Veranstaltung

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Spektral vernetzt zur Quantum Photonics in Erfurt

Die neue Kongressmesse für Quanten- und Photonik-Technologien bringt vom 13. bis 14. Mai 2025 internationale Spitzenforschung, Industrieakteure und Entscheidungsträger in der Messe Erfurt zusammen

Meist gelesen

Photo
08.11.2024 • NachrichtForschung

Musik als Zeitreihe

Analyse von musikalischen Tonhöhensequenzen ergibt interessante Unterschiede zwischen verschiedenen Komponisten und Musikstilen.

Themen