Magnetfeldmessung im Tiefflug
Merkur-Sonde Messenger liefert vor ihrem Absturz neue Informationen über das Magnetfeld des Planeten.
Wie die Erde besitzt auch der Merkur ein globales Magnetfeld, erzeugt durch einen Dynamoeffekt in einem metallischen, flüssigen äußeren Kern. Zwar beträgt die magnetische Feldstärke lediglich ein Prozent der irdischen, aber das Feld ist bipolar und axialsymmetrisch, wenn auch äquatorial asymmetrisch. Seit Beginn der Erforschung des sonnennächsten Planeten mit Raumsonden scheint sich sein Magnetfeld nicht signifikant geändert zu habe. Ob das Feld aber bereits seit geologisch langer Zeit besteht, war bislang unklar.
Abb.: Die Magnetisierung der Planeten-Kruste führt zu Schwankungen des Magnetfelds, die sich aus niedriger Höhe nachweisen lassen. (Bild: Nasa / Univ. of British Columbia)
Aufschluss darüber kann die Untersuchung magnetisierter Gesteine in der Kruste geben: Glühendes Gestein, das in Anwesenheit eines magnetischen Feldes abgekühlt ist, kann in Abhängigkeit von seiner mineralogischen Zusammensetzung eine Restmagnetisierung aufweisen und Forschern so Informationen über die Evolution des ambienten Magnetfelds liefert. Versuche, eine solche Restmagnetisierung mit dem Magnetometer an Bord der US-amerikanischen Sonde Messenger aus der in einer Höhe von 200 bis 500 Kilometern verlaufenden Umlaufbahn nachzuweisen, schlugen jedoch fehl.
Catherine Johnson von der University of British Columbia und ihre Kollegen berichten nun von Magnetfeldmessungen in den letzten Monaten der Mission, als sich die Raumsonde auf einer exzentrischen Bahn der Oberfläche Merkurs mehr und mehr näherte, bis sie am 30. April dieses Jahres wie geplant zerschellte. Unterhalb einer Höhe von 150 Kilometern stießen die Forscher über drei Regionen des Planeten auf räumlich langsam variierende Magnetfelder, deren Signale sich von Orbit zu Orbit reproduzieren ließ. Damit konnte das Team eine externe Ursache dieser Schwankungen durch die Magnetosphäre ausschließen.
Die Signale besaßen eine maximale Amplitude von 24 Nanotesla, eine dominierende Wellenlänge von 320 Kilometern und hatten ihre Ursache offenbar in einer Tiefe von 7 bis 45 Kilometern. Somit kam auch der Kern des Planeten nicht als Ursache infrage, es musste sich also um die gesuchte Rest-Magnetisierung in der Kruste des Planeten handeln. Aus dem geologischen Alters der Regionen, in denen Johnson und ihre Kollegen auf das magnetische Signal stießen, folgern die Forscher, dass die Magnetisierung des Gesteins mindestens von 3,7 bis 3,9 Milliarden Jahren stattgefunden hat.
Das deutet darauf hin, dass bereits früh in der Geschichte Merkurs ein Dynamo-Prozess im flüssigen äußeren Kern ein globales Magnetfeld produziert hat. Da Merkur auch heute noch ein globales Magnetfeld aufweist, müsste der Dynamoeffekt über mehrere Milliarden Jahre hinweg aktiv gewesen sein. Das allerdings wiederspricht bisherigen Modellen der thermischen Entwicklung des innersten Planeten: Danach hätte sich der Dynamo bereits vor 3,9 Milliarden Jahren abgeschaltet. Alternativ könnte die Abkühlung des festen inneren Kerns erneut einen Dynamoeffekt angetrieben haben, jedoch vermutlich deutlich später als vor 3,7 Milliarden Jahren. Hier klafft eine Lücke im Verständnis der magnetischen Geschichte des Planeten, die sich nur durch weitere Untersuchungen der chemischen und physikalischen Beschaffenheit seiner Kruste schließen lässt.
Rainer Kayser
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