18.10.2019

Magnetische Molekülketten

Optimiertes Modell, um die Eigenschaften magnetischer Domänen zu berechnen.

Michael Böhme arbeitet an der Universität Jena mit Hilfe der Computerchemie an Molekül­ketten, die sich wie winzige Magnete verhalten. Die Eigen­schaften dieser Ketten zu berechnen, ist jedoch technisch kaum möglich. Um die Berechnungen zu vereinfachen, betrachtete er statt einer schier endlosen Kette verschieden große Ringe. Darauf aufbauend entwickelte er mit Winfried Plass ein Computer­modell, mit dem die Messdaten der realen Moleküle nun besser interpretiert und Eigen­schaften genauer vorhergesagt werden können. Mit dieser Arbeit wollen die Forscher ;einen Beitrag leisten, solche magnetischen Systeme zu optimieren.

Abb.: Michael Böhme an einem Hochleistungs­rechner der Universität Jena, auf...
Abb.: Michael Böhme an einem Hochleistungs­rechner der Universität Jena, auf dem er die Eigen­schaften magne­tischer Molekül­ketten simuliert. (Bild: J.-P. Kasper, FSU)

Einzelketten-Magnete sind Verbindungen, bei denen bestimmte magne­tische Metall-Ionen – etwa Kobalt – wie auf einer Perlenkette aufgereiht sind. „Die einzelnen Metall­zentren bilden zusammen jeweils eine magnetische Domäne“, sagt Winfried Plass. „Diese Domänen können magnetische Informationen speichern.“ Deren genaue Eigen­schaften lassen sich aber nur schwer inter­pretieren oder vorhersagen. „Diese Systeme sind hochkomplex“, ergänzt Michael Böhme. „Zum einen sind die Ketten in der Wirklichkeit ja nicht unendlich – das heißt, auch ihre Enden wirken sich auf die Eigenschaften aus. Andererseits sind die Metall­zentren nicht identisch aufgebaut. Je nachdem in welcher Reihenfolge sie angeordnet sind, wirkt sich das auch auf den Magnetismus aus, den wir am Ende im Experiment beobachten. Das bringt die bisherigen theoretischen Modelle an ihre Grenzen, mit denen wir diese Eigenschaften inter­pretieren oder vorhersagen.“

Dazu komme ein weiteres Problem, sagt Plass: „Die bisher verfügbaren Computer sind nicht leistungs­fähig genug, um die Eigenschaften langer Ketten zu berechnen. Für die ab-initio-Berech­nungen brauchen sie für ein einzelnes Metallzentrum etwa eine Woche. Eine komplette Domäne aus mehreren Zentren zu berechnen, ist mit aktuellen Computern nicht durchführbar.“ Bereits in den 1920er Jahren wurde das Ising-Modell entwickelt, das magnetische Molekül­ketten stark vereinfacht betrachtet. „Im Wesentlichen wird das Ising-Modell seit einhundert Jahren bis heute benutzt“, sagt Plass. „Was Michael Böhme jetzt gemacht hat, war, ein weniger idealisiertes Modell auf der Basis von ab-initio-Berechnungen zu entwickeln, das näher an der Wirklichkeit liegt.“ „Neben den eigent­lichen Metallzentren sind auch die Bindeglieder wichtig, die die Wechselwirkung zwischen den magnetischen Zentren vermitteln“, sagt Böhme. „Diese Infor­mationen erhalten wir, indem wir das theoretische Modell an die tatsächlich erhaltenen Messdaten anpassen. Auf diese Weise können wir schließlich die Eigenschaften der Domänen berechnen. Das erlaubt uns auch Vorhersagen darüber, wie sich bisher unbekannte Einzel­ketten-Magnete verhalten.“

Statt eine quasi endlose Kette zu berechnen, wendete Böhme sein Modell auf Ringe mit drei, sechs, neun und zwölf Gliedern an. „Zwölf ist die höchst­mögliche Zahl für uns, weil es hier 4.096 mögliche Zustände gibt, die berechnet werden müssen“, erklärt Böhme. Plass ergänzt: „Wir können aber von diesem Punkt aus die Eigen­schaften längerer Ketten durch Extrapolation sehr gut vorhersagen.“ Grund­sätzlich sind magne­tische Materialien sind sehr gut geeignet, um Informationen zu speichern. „Einzelne, magnetische Moleküle haben zudem das Potenzial, viel mehr Information unter­zubringen als die bisherigen Speicher­medien, bei denen einzelne Bereiche magnetisiert werden“, sagt Plass. 

FSU Jena / JOL

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