Magnetische Momente von Atomkernen besser im Griff
Zwei-Teilchen-Ströme optimieren Berechnungen der magnetischen Momente.
Im Atomkern induzieren die Bewegung der Kernteilchen sowie deren Eigendrehimpulse magnetische Momente. Im Zusammenspiel führt das dazu, dass Atomkerne winzige Magnete sein können. „Mit laserspektroskopischen Methoden lässt sich das magnetische Moment selbst von exotischen, kurzlebigen Kernen sehr präzise bestimmen“, sagt Achim Schwenk vom Institut für Kernphysik der TU Darmstadt. Als theoretischer Physiker hat er sich allerdings auf die rechnerische Beschreibung von Kerneigenschaften spezialisiert. Und die ließ bezüglich des magnetischen Moments bislang zu wünschen übrig. Das heißt: Die experimentell gemessenen und die berechneten Werte klafften bei vielen Kernen auseinander.
Nun ist dem Team um Schwenk ein Durchbruch gelungen. Die berechneten Werte des magnetischen Moments stimmen besser mit den gemessenen überein als je zuvor. Die neuen Rechnungen funktionierten für Kerne von relativ leichten Elementen wie Sauerstoff bis zu schweren Elementen wie Bismut, betont Schwenk: „Es war uns wichtig, dass wir einen weiten Massebereich abdecken.“ Maßgeblich zu dem Erfolg beigetragen hat Takayuki Miyagi von der Universität im japanischen Tsukuba. Input für die Rechnungen lieferte zudem Rodric Seutin. Im Rahmen seiner Doktorarbeit an der TU Darmstadt hat er in Rechnungen für leichte Kerne berücksichtigt, dass Kernteilchen während der Messung des magnetischen Moments miteinander wechselwirken.
Bei der Laserspektroskopie koppelt ein Lichtteilchen an ein Kernteilchen. Dass das Kernteilchen gleichzeitig mit weiteren Protonen oder Neutronen wechselwirkt, wurde bislang ausgeblendet. Die Kopplung der Lichtteilchen an wechselwirkende Kernteilchen kann durch die Berücksichtigung von Zwei-Teilchen-Strömen einbezogen werden. Zwei-Teilchen-Ströme fließen, wenn Protonen und Neutronen während der Wechselwirkung geladene Teilchen austauschen. Theorien der elektromagnetischen und der starken Wechselwirkung sagen das konsistent vorher. „Die Berücksichtigung der Zwei-Teilchen-Ströme hat die Berechnung der magnetischen Momente deutlich verbessert“, erklärt Miyagi.
„In der Beschreibung von Atomkernen sind wir jetzt einen entscheidenden Schritt vorangekommen“, fasst Schwenk zusammen. „Die elektromagnetischen Eigenschaften und somit auch das Verhalten der Kerne mit elektromagnetischen Feldern sind verstanden, nun können wir die nächsten Fragen angehen.“ Zwei-Teilchen-Beiträge seien in der Kern- und Teilchenphysik von grundlegender Bedeutung, ergänzt er und nennt als Beispiel die Neutrino-Forschung. Um die Eigenschaften dieser Elementarteilchen zu ergründen, betrachtet man unter anderem deren Wechselwirkung mit Atomkernen.
TU Darmstadt / JOL