Magnetische Monopole in Bewegung
Bewegung magnetischer Monopole in künstlichem zweidimensionalen Material sichtbar gemacht.
Bewegung magnetischer Monopole in künstlichem zweidimensionalen Material sichtbar gemacht.
Einem Team von Forschenden des Paul Scherrer Instituts und des University College Dublin ist es gelungen, magnetische Monopole als Quasiteilchen in einer Anordnung von nanometergrossen Magneten zu erzeugen. Monopole – isolierte magnetische Ladungen – sind die magnetischen Gegenstücke zu elektrischen Ladungen, die sich weitgehend unabhängig voneineander bewegen können. Die Bewegung der Monopole konnte mit Hilfe eines Mikroskops an der Synchrotron Lichtquelle Schweiz (SLS), das magnetische Strukturen sichtbar macht, unmittelbar beobachtet werden. Wie die elementaren Monopole, die zuerst vom britischen Physiker Paul Dirac 1931 vorhergesagt wurden, ist auch jeder dieser Monopole durch einen „String“, eine Art Verbindungsband, mit einem Partner entgegengesetzter Ladung verknüpft. Diese Ergebnisse sind nicht nur wissenschaftlich interessant, sondern könnten auch die Grundlage für die Entwicklung zukünftiger elektronischer Geräte bilden.
Abb.: Aufnahmen des experimentellen Systems (oben) und schematische Darstellung (unten) für wachsende Stärke des angelegten Magnetfeldes. Defekte der Anordnung der Nanomagnete erscheinen dunkel. Positive magnetische Ladungen sind rot dargestellt, negative Ladungen blau. (Bild: Elena Mengotti et al., Nature Physics)
Im letzten Jahr ist es Forschern erstmals gelungen, derartige Monopole in einem magnetischen Material zu erzeugen. Allerdings konnten die zugehörigen Dirac-Strings nur indirekt mit Hilfe von Neutronenstreuung und auch nur bei Temperaturen nahe dem absoluten Nullpunkt beobachtet werden. Nun ist es Wissenschaftlern gelungen, magnetische Monopole und die dazugehörigen Dirac-Strings bei Raumtemperatur direkt zu beobachten. Die Forscher haben dafür eine zweidimensionale Anordnung von winzigen Magneten hergestellt – jeder Magnet war nur rund 500 Nanometer lang und 150 Nanometer breit. So haben sie ein künstliches zweidimensionales magnetisches Material geschaffen, deren kleinste Bestandteile die Nanomagnete sind. In dem Experiment waren die Nanomagnete in einem hexagonalen Gitter angeordnet, so dass jeder an seinem Ende auf zwei weitere stieß. Wegen der entfernten Ähnlichkeit mit der Anordnung von Atomen in gewöhnlichem Eis wird diese Struktur als „künstliches Spin-Eis“ bezeichnet. „Für unser Experiment haben wir die Nanomagnete zunächst so vorbereitet, dass an den Begegnungspunkten abwechselnd zwei Nordpole und ein Südpol oder zwei Südpole und ein Nordpol aufeinanderstiessen“, erklärt Laura Heyderman vom PSI. „Klappt man bei einer solchen Anordnung die Magnetisierungsrichtung eines Magneten mit Hilfe eines äusseren Magnetfelds um, entstehen an den Enden des Magneten zwei Defekte in der ursprünglichen Anordnung. Diese Defekte verhalten sich wie magnetische Monopole“, so Heyderman weiter.
„Macht man das äußere magnetische Feld stärker, klappt bei benachbarten Magneten die Magnetisierung ebenfalls um. Dieses Umklappen geht dann wie bei einer Reihe Dominosteine weiter, so dass die beiden Monopole eines Paares auseinander wandern – der eine immer nach rechts, der andere nach links“, erklärt Elena Mengotti. „Dabei bleiben die beiden Monopole stets durch einen eindimensionalen Pfad von Magneten verbunden, bei denen der Nordpol des einen an den Südpol des nächsten stößt, und die so den Dirac-String bilden. Auch wenn man dann das äußere Feld wieder abschaltet, bleiben die Monopole am Ort.“
An einem Messplatz für magnetische Untersuchungen an der SLS konnten die Forschenden beobachten, wie sich die Magnetisierungsrichtung der einzelnen Nanomagnete verändert und so zeigen, wie sich die Monopole bewegen. Hier kann man mit Hilfe des magnetischen Zirkulardichroismus die Magnetisierung der Magnete direkt abbilden und somit erstmals direkt die Bewegung der Monopole und damit das Wachsen des Dirac-Strings sichtbar machen. Diese Experimente konnten bei Raumtemperatur durchgeführt werden.
Eine lawinenartige Ummagnetisierung entlang eines eindimensionalen Dirac-Strings, wie sie hier beobachtet werden konnte, ist ein neuartiges magnetisches Phänomen und unterscheidet sich stark von Vorgängen in anderen magnetischen Materialien, wie sie etwa gegenwärtig in Festplatten verwendet werden. Das beobachtete Verhalten konnte in theoretischen Studien des Teams am University College Dublin erklärt werden.
„Die Erkenntnisse können auch zentral für die Architektur zukünftiger magnetischer Speicher sein. So geht man im Allgemeinen davon aus, dass die nächste Generation von Speichermedien aus einzelnen isolierten Makrospins – wie unseren Nanomagneten – bestehen wird“, so Hans-Benjamin Braun vom University College Dublin. Laura Heyderman fügt an: „Als nächstes wollen wir herausbekommen, wie man die Monopole noch gezielter auf kleinsten Skalen manipulieren kann, um sie als Speicher oder für logische Operationen einsetzen zu können. Die Idee ist, digitale Bauteile zu entwickeln, in denen man Ströme magnetischer Monopole anstelle elektrischer Ströme nutzen würde.“
PSI / KK