22.10.2015

Magnetischer Treibhauseffekt dämpft Sternoszillationen

Kepler-Teleskop zeigt neues Phänomen im Inneren roter Riesensterne.

Magnetfelder spielen eine wichtige Rolle bei der Entwicklung von Sternen. Zwar lassen sich Magnetfelder an der Oberfläche von Sternen gut beobachten, doch im Sterninneren, also gerade dort, wo sie entscheidend auf die stellare Evolution einwirken, waren sie bislang für die Forscher unerreichbar. Das beginnt sich nun zu ändern: Daten des Weltraum­teleskops Kepler liefern erstmals Informationen über die Stärke magnetischer Felder in der Kernregion roter Riesensterne. Wie Jim Fuller vom Caltech in Pasadena und sein internationales Team berichten, führen die bis zu zehn Millionen Gauß starken Felder zu einem magnetischen Treibhauseffekt, der die von außen sichtbaren Dipol-Schwingungen der Sterne dämpft.

Abb.: Die Messung von Schwingungen an der Oberfläche liefert Astronomen einen Blick in das Innere eines Sterns. Dieses Verfahren nennt sich Asteroseismologie. (Bild: ESO)

So wie Forscher bei der Seismologie Erderschütterungen nutzen, um Informationen über das Erdinnere zu erhalten, können Astronomen auch aus Schwingungen an der Oberfläche eines Sterns Informationen über sein Inneres erlangen. Rote Riesen sind besonders geeignete Himmelsobjekte für diese Asteroseismologie, da an der Oberfläche durch Turbulenzen erzeugte Schallwellen bei ihnen bis in die Zentralregion der Sterne vordringen. Bei normalen Sternen wie unserer Sonne werden sie dagegen an der Kernregion reflektiert.

Aufgrund der hohen Materiedichte wandeln die Schallwellen sich in der Zentralregion eines roten Riesen in Schwerewellen um, bei denen die Schwerebeschleunigung für die Ausbreitung entscheidend ist. Diese Umwandlung hat Konsequenzen, die noch an der Oberfläche sichtbar sind: Sie führen beispielsweise zu Dipol-Schwingungen des Sterns, bei denen die Helligkeit der beiden Hemisphären des Sterns gegenläufig pulsiert. Beobachtungen mit dem Kepler-Teleskop zeigen jedoch, dass solche Dipol-Oszillationen bei einigen roten Riesen nur stark gedämpft auftreten.

Bislang gab es für dieses Phänomen keine Erklärung. Fuller und seine Kollegen erläutern die Dämpfung nun mit einem magnetischen Treibhauseffekt: Wenn im Inneren eines Sterns starke Magnetfelder herrschen, können sie die Ausbreitung der Schwerewellen stark beeinflussen – so sehr, dass diese in der Zentralregion gefangen sind. Dadurch geht die Energie der Wellen für die Sternschwingungen verloren – und die Dipol-Oszillationen fallen entsprechend schwächer aus. Aus der Dämpfung der Dipol-Schwingungen errechnen die Forscher magnetische Feldstärken größer als hunderttausend Gauß für das Innere der betreffenden Riesensterne, in einem Fall muss die Feldstärke sogar zehn Millionen Gauß überschreiten.

Damit bietet sich erstmals auch ein Erklärungsansatz, warum in der weiteren Entwicklung nur aus einigen roten Riesen stark magnetische weiße Zwerge oder Neutronensterne hervorgehen: Sie sind die Überreste jener roter Riesen, die bereits vorher in ihrer Zentralregion ungewöhnlich starke Magnetfelder besaßen. Bleibt freilich die Frage, warum einige rote Riesen ein starkes Magnetfeld im Inneren besitzen und andere nicht. Vielleicht können weitere asteroseismologische Untersuchungen diese Frage eines Tages beantworten.

Rainer Kayser

DE

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