08.07.2015

Magnetresonanz mit Hochdruck

Rekord der Kernspinresonanz unter extremen Drücken um nahezu das Dreifache auf 300 Kilobar gesteigert.

Forscher der Uni Leipzig haben einen Durchbruch bei der Kernspinresonanz (NMR) unter extremen Drücken erzielt. Den bisherigen Weltrekordwert von 128 Kilobar, erzielt von Physikern der Harvard University, konnten sie auf fast das Dreifache steigern. „Wir können jetzt Materialien mit den wichtigen Methoden der Magnetresonanz bei Drücken bis über 300 Kilobar, also dem 300.000-fachen des normalen Luftdrucks analysieren“, sagt Jürgen Haase, der die Abteilung „Magnetische Resonanz komplexer Quantenfestkörper“ leitet. „Unser Labor ist damit derzeit das führende NMR-Hochdrucklabor der Welt.“

Abb.: Das Herzstück für die Hochdruckzelle: der Stempel. Unter einem kleinen Stück Metall (Berylliumbronze) befindet sich ein Diamantstempel. Der Druck wird mithilfe des entgegengesetzten Diamanten (der sich in der Zellhülle befindet) durch starkes Zusammenpressen erzeugt (mit der Hydraulikpresse; Bild: C. Hüller, U. Leipzig)

Erste Ergebnisse bei Drücken von bis zu 200 Kilobar haben Haase und seine Kollegen bereits veröffentlicht. Inzwischen ist es Haases Doktorand Thomas Meier gelungen, den Druck noch einmal um weitere 150 Prozent zu erhöhen und erste NMR-Spektren aufzunehmen. Unter solch hohen Drücken verhalten sich scheinbar gut bekannte Materialien oft ganz anders als gedacht. „Nicht leitfähige Systeme werden zu Metallen, Metalle werden zu Isolatoren, viele Substanzen werden sogar supraleitend“, so Haase. „Auch für das Verständnis des Inneren unserer Erde sind entsprechende Untersuchungen hilfreich, weil hier ähnliche Drücke herrschen, die eben auch Festkörper stark beeinflussen.“

Weltweit gebe es eine Reihe von Hochdruck-Zentren, darunter führende deutsche Labors in Bayreuth und Mainz, die Materie unter hohen Drücken untersuchen. „Allerdings ist die Zahl der Untersuchungsmethoden unter solch extremen Bedingungen stark eingeschränkt, und die Kernspinresonanz galt über viele Jahrzehnte hinweg als extrem schwierig bis unmöglich“, sagt Haase. Auf Grund des riesigen Potenzials der Kernspinresonanz haben dennoch Forscher-Gruppen vor allem in den USA immer wieder NMR-Experimente unter hohen Drücken vorgenommen.

Basierend auf einer Zusammenarbeit mit dem Cavendish Laboratory der University of Cambridge im Jahr 2009 öffneten sich dem Leipziger Team neue Wege, NMR unter hohen Drücken zu realisieren. Darauf folgende mehrjährige haben sich nun ausgezahlt. „Wir haben ein neues Fenster mit Einblick in die moderne Festkörperphysik öffnen können“, sagt Meier, der die Entwicklungen maßgeblich voran brachte. „Das wird die Hochdruck-Physik revolutionieren, weil die NMR einzigartige Informationen über chemische und elektronische Strukturen liefert. Jetzt können wir zum Beispiel sehen, wenn Materialien plötzlich leitend oder supraleitend werden.“

AML / RK

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