11.10.2016

Mal Metall, mal Isolator

Röntgenstreuung offenbart Ursache für Phasenwechsel in Neodymnickeloxid.

Computer, Smartphones und jegliche elek­tronischen Geräte haben als Grund­elemente winzige Transistoren auf Silizium­basis. Womöglich kann dieser Halbleiter aber eines Tages Konkurrenz von speziellen Metall­oxiden bekommen. Manche dieser Materialien lassen sich nämlich zwischen Isolator und elektrisch leitendem Metall hin- und herschalten. Mit ihnen ließen sich daher prinzipiell ebenfalls Transis­toren bauen.

Abb.: Thorsten Schmitt, Forschungsgruppenleiter Spektroskopie neuartiger Materialien am Paul Scherrer Institut, an der ADRESS-Beamline der Synchrotron Lichtquelle Schweiz SLS. (BIld: PSI / M. Fischer)

Um bei diesen Materialien den Phasen­übergang von Metall zu Isolator grundlegend zu verstehen, haben sich Forscher des Paul Scherrer Instituts PSI und der Universität Genf zusammen mit Wissen­schaftlern der kanadischen University of British Columbia einen Vertreter dieser Material­klasse angeschaut: Ramanspektren offenbarten die Ursache für den Phasen­wechsel in Neodymnickeloxid. Oberhalb der Temperatur von rund 150 Kelvin ist das Material ein Metall und leitet Strom. Unterhalb dieser Temperatur dagegen ist es ein Isolator und somit nicht leitend. Da die Anordnung der Elektronen im Material für diese Eigen­schaften verant­wortlich ist, wollten die Forschenden erstens heraus­finden, welche energe­tischen Zustände die Elektronen im Material einnehmen, also wie in diesem konkreten Fall die Besetzung der Nickel- und der Sauer­stoff-Orbitale aussieht. Für die Unter­suchung der elek­tronischen Struktur nutzten PSI-Forscher Thorsten Schmitt und seine Kollegen an der Synchrotron Licht­quelle Schweiz SLS die Methode der resonanten inelas­tischen Röntgen­streuung (Resonant Inelastic X-Ray-Scattering, RIXS).

Mit RIXS regten die Forscher einen Nickel-Elektronenübergang resonant an. Das Material reagierte mit einer Lichtemission, aus der sich die elektronische Struktur des Materials bestimmen ließ. Um für die resonante Anregung des Nickel­übergangs die einzu­strahlende Energie zu ermitteln, zeichneten die Forschenden zunächst ein Absorptions­spektrum auf. Dieses zeigte die Resonanz­energie bei rund 853 Elektronenvolt. Die eigentliche Messung bestand dann daraus, bei vielen verschiedenen Einstrahlungs­energien unterhalb der Resonanzenergie, auf der Resonanzenergie und darüber RIXS-Spektren aufzu­zeichnen. „Indem wir die eingestrahlte Energie um die Resonanz herum durchfahren, können wir unterscheiden, welcher Beitrag in unseren RIXS-Spektren durch die beim Nickel lokali­sierten Elektronen kommt und welcher Beitrag von den Elektronen der Sauerstoff­atome stammt“, erklärt Valentina Bisogni.

Abb.: RIXS-Spektren als Funktion der eingestrahlten Energie. Oben die Messung bei 300 Kelvin, wo sich das Material metallisch verhält, unten die Messung bei 15 Kelvin, wo das Material isolierend ist. (Bild: V. Bisogni et al.)

Der Clou: Dieses Experiment führten die Forschenden zwei Mal durch. Zunächst weit oberhalb der Übergangs­temperatur bei 300 Kelvin, wo sich das Neodymnickeloxid sich metallisch verhielt. Und ein zweites Mal bei 15 Kelvin weit unterhalb der Übergangs­temperatur, als das Material als Isolator vorlag. Aus dem Vergleich beider Serienmessungen ergab sich, welche Veränderung der Elektronen­struktur für den Phasen­übergang von Metall zu Isolator verantwortlich war. So blieb beim Phasen­übergang vom Metall zum Isolator die elektronische Struktur der Nickel­atome gleich. Jedes Nickelatom war jedoch von sechs Sauerstoff­atomen umgeben und diesen sechs Atomen fehlten im metallischen Zustand insgesamt zwei Elektronen. Im iso­lierenden Zustand dagegen wechselten die sechs Sauerstoffatome zwischen ihrer normalen elek­tronischen Struktur und einem Zustand, in denen ihren vier Elektronen fehlten.

Theo­retische Berechnungen, erklärt Schmitt, hätten schon seit ein paar Jahren darauf hingedeutet, dass die Änderungen nicht im Bereich der Nickel- sondern im Bereich der Sauerstoff­atome stattfänden. Nun ist uns an der SLS ein eindeutiger experimen­teller Nachweis geglückt, so Schmitt. Mit ihrer Messung haben die Forscher nicht nur die Ursache des Metall-Iso­lator-Übergangs im Neodymnickeloxid ermittelt. Sie haben zugleich demonstriert, wie die RIXS-Technik eingesetzt werden kann, um allgemein komplexe elek­tronische Strukturen von Materia­lien zu bestimmen. Der Phasen­übergang des Materials zwischen Metall und Isolator liesse sich nicht nur durch Temperatur, sondern auch durch das Anlegen einer elektrischen Spannung realisieren, betont Schmitt. Dies käme zum Einsatz, wenn diese Materia­lien eines Tages in der Elektronik Einzug halten sollten. Derzeit sei ihre Forschung an dieser besonderen Oxidklasse noch Grundlagen­forschung.

PSI / JOL

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