Mars mit täglich zwei Temperaturmaxima
Wassereiswolken sind für die halbtägliche Erwärmung und Abkühlung auf dem Roten Planeten verantwortlich.
Die Lufthülle des Roten Planeten ist sehr dünn und beträgt nur etwa ein Prozent der irdischen Atmosphäre. Trotzdem sorgt sie nicht nur für ausgedehnte Sandstürme, sondern ermöglicht etwa auch den Gebrauch von Fallschirmen bei Marsmissionen. Neue Messungen der Raumsonde Mars Reconnaissance Orbiter (MRO) zeigen nun, dass in der Lufthülle unseres Nachbarplaneten auch ungewöhnliche Phänomene auftreten: Die Marsatmosphäre erwärmt sich und kühlt sich zweimal täglich wieder ab. Dabei können Temperaturschwankungen bis zu 32 Kelvin auftreten.
Abb.: Der Mars Reconnaissance Orbiter umkreist den Roten Planeten und misst dabei unter anderem die Temperaturen seiner Atmosphäre. (Bild: NASA / JPL-Caltech)
Forscher des Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena haben Daten des Messgeräts Mars Climate Sounder an Bord der Raumsonde ausgewertet. Sie stießen dabei auf einen Halbtagesrhythmus in den Atmosphärentemperaturen. Das Instrument liefert acht Kanäle im infraroten und einen im sichtbaren bis nahinfraroten Spektralbereich. Damit konnten die Forscher Temperaturprofile bis in achtzig Kilometer Höhe erstellen, bei einer vertikalen Auflösung von etwa fünf Kilometern.
„Wir sehen ein Temperaturmaximum zur Tagesmitte, aber auch eines kurz nach Mitternacht“, sagte Erstautor Armin Kleinböhl. Zwar ist seit den 1970er Jahren bekannt, dass auf dem Mars Temperaturschwankungen im Halbtagesrhythmus auftreten können. Die Forscher hielten dies jedoch für eine Besonderheit, die nur bei Sandstürmen auf dem Roten Planeten zu Stande käme.
Um den Einfluss aufgewärmter Staubschichten ausschließen zu können, maßen die Forscher jedoch das ganze Jahr über – zu verschiedenen Ortszeiten und in verschiedenen Regionen – quer über den Planeten verteilt. Zwischen September 2010 und Mai 2012 führten sie dabei elf Messkampagnen von je vier Wochen Dauer durch. Wie sich bestätigte, unterliegt die gesamte Marsatmosphäre den halbtäglichen Schwankungen.
Um ihre Daten besser interpretieren zu können, führten die Wissenschaftler außerdem Simulationen der Marsatmosphäre durch. Als Ursache für den halbtäglichen Temperaturrhythmus konnten sie dabei Wolken aus Wassereis ausmachen. Diese befinden sich in zehn bis dreißig Kilometern Höhe über der Marsoberfläche. Obwohl sie im Optischen beinahe transparent sind, absorbieren sie einen Teil der Wärmestrahlung, die der aufgewärmte Marsboden aussendet, und heizen sich dabei auf. Dies führt in einem komplexen atmosphärischen Wechselspiel zu den doppelten Temperaturmaxima.
Die Wassereiswolken besitzen ihrerseits Einfluss auf den Luftdruck in höheren Atmosphärenschichten. Für künftige Marsmissionen wünschen sich die Wissenschaftler deshalb Orbits, die es erlauben, mehrfach täglich dieselbe Region zu beobachten. Dann ließe sich bestimmen, wie die täglichen Variationen von Temperatur, Druck, Aerosolen und Wolken zusammenhängen.
Dirk Eidemüller
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